Langzeiterfahrung nach Skoliose Op

Fragen zum Thema Wirbelsäulen OP's
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CaFo
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Diagnose: Linksseitige Skoliose
Oberer Wert: 52%
Unterer Wert: 59 %
Mit Verdrehung der Wirbelkörper
Therapie: Korsett
Krankengymnastik nach Schroth

Langzeiterfahrung nach Skoliose Op

Beitrag von CaFo »

Hallo zusammen,
ich suche liebe Menschen, die mir über ihre Erfahrungen nach einer Skoliose OP berichten! Bei meiner Tochter wurde mir eine op angeraten (14). Verkrümmungswerte 68 Grad oberer Bereich 89 Grad unterer Bereich.
Meine Fragen:
Mit welchen körperlichen Einschränkungen ist zu rechnen ?
Wie ist das mit heben, tragen- langes Sitzen, stehen?
Einschränkungen Berufswahl?
.....
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen
Mama69
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Diagnose: Ich habe selber Skoliose thorakolumbal 70º.
Meine Tochter (15J.) hat Skoliose thorakolumbal 35º sowie eine noch nicht eindeutig klassifizierte Muskelerkrankung.
Therapie: ich: Schroth, Schmerzkorsett, Manuelle Therapie, Spiraldynamik
Tochter: Schroth, Korsett, Manuelle Therapie
Wohnort: Bayern

Re: Langzeiterfahrung nach Skoliose Op

Beitrag von Mama69 »

Hallo,
da kann ich leider nicht helfen, aber bei uns droht leider auch eine OP. Sind momentan dabei, uns zu informieren. Ist leider ein sehr unerfreuliches Thema.
Es gibt ein paar Berichte hier, aber es ist eher das Forum für die konservativen Behandlunen (KG und Korsett).
Drücke euch die Daumen.
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Raven
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Diagnose: vor OP: thoralumbale juvenile /adoleszente Skoliose, ca. 55°
Therapie: OP: 1997 mit 13 Jahren Versteifung Th3 - L5 / Hessing-Klinik Augsburg; kaum Restgrade

Re: Langzeiterfahrung nach Skoliose Op

Beitrag von Raven »

Hallo CaFo,

bei mir wurde mit 13 Jahren eine Skoliose-OP mit langstreckiger Versteifung vorgenommen (Th3 - L5). Diese OP ist nun bereits 22 Jahre her; die OP-Techniken haben sich zwar zwischenzeitlich geändert (mit der Auswirkung: kürzere Klinikaufenthalte, rascher belastbar), aber da die Haupteinschränkungen aus der verminderten Beweglichkeit resultieren, werden die Einschränkungen im wesentlichen gleich sein. Die Einschränkungen hängen v.a. von der genauen Verstifungsstrecke ab.
Daraus ergeben sich bei mir im Alltag diese Einschränkungen:
Wie ist das mit heben, tragen- langes Sitzen, stehen?
Meines Wissens nach gibt es nach Ende der Genesungsphase keine Beschränkungen bzgl. des Hebens und Tragens mehr (man darf so viel wie man schafft). Man sollte sich aber auf jeden Fall darüber im Klaren sein, dass die Belastbarkeit geringer ist. Ich trage (= Einkauf tragen, Rucksack oder Aktentasche tragen... also: länger) so wenig wie möglich, habe in meiner Tasche nur was ich dringend brauche, für Einkäufe über 4 - 5 kg nehme ich einen Trolley. Wenn's dringend sein muss - z.B. Koffer über Bordsteinkante - kann ich auch mal bis zu 10 kg anheben, aber es ist sehr anstrengend und geht nur kurz.

Langes Sitzen und Stehen: Sitzen ist belastender als Stehen. Stehen an einem Fleck ist auch nicht gut, mit etwas Gehen dazwischen kann ich aber normal lange stehen. (Zum Vergleich: Nach meiner OP 1997 war das Sitzen nicht erlaubt. Entwarnung: Das ist heutzutage nicht mehr so! Damals musste ich jedenfalls ein halbes Jahr mit nur Stehen und Liegen bewältigen, konnte mit Stehen und Gehen aber durch den Tag kommen und musste nicht viel liegen.) Langes Sitzen finde ich viel belastender, hier hängt aber auch vieles davon ab, ob das Sitzen unterbrochen werden kann - ich etwa arbeite täglich 8 bis 10 Stunden am Computer, aktuell nur ein Sitzarbeitsplatz, aber: ich kann zu jeder Zeit zwischendurch aufstehen, ich muss nicht für Kunden oder Telefon am Platz bleiben - und wie gut das Sitzmöbel ist.

Zum Sitzmöbel: Niedriges Sitzen ist sehr belastend. Niedriges Sitzen bedeutet z.B. am Boden sitzen, wie es junge Leute gerne in der Freizeit machen (das schaffe ich nur für Sekunden und sieht sehr tollpatschig aus), aber auch das Sitzen auf einer Couch und anderen niedrigen, weichen Sitzmöbeln kann belastend sein. Ich finde z.B. das Sitzen auf einer Couch als sehr schmerzhaft. Gut sind Stühle, auf denen man normal hoch sitzt und am besten das Gesäß etwas höher als die Knie ist (wie beim Keilkissen). Man kann im Beruf einen speziellen Bürostuhl beantragen. Ich komme mit normalen Bürostühlen zurecht, sofern diese nicht zu niedrig sind und die Rückenlehne eher gerade und nicht ergonomisch ausgeformt ist.

Einschränkungen Berufswahl?
Gut sind meist Berufe, die diese Bedingungen erfüllen: nicht schwer körperlich belastend; wechselnd stehen und sitzen möglich; möglichst kurzzeitiges Verlassen des Platzes/ kurze Pausen zwischendurch möglich und Arbeitsplatz möglichst ergonomisch gestaltbar (denke als Negativbeispiel etwa an eine Kassiererin: sie muss am Platz bleiben, arbeitet in einer "Zwangshaltung" was bedeutet dass sie immer wieder die selben nicht änderbaren Bewegungen durchführt... sowas ist schlecht!).
Körperhaltungen, die "zwischen" stehen und sitzen sind, oder bei denen man vornüber gebeugt arbeitet, oder Überkopfarbeiten sind sehr belastend. Z.B. solche Körperhaltungen:
https://berufskunde.com/ausbildungsberu ... schule.jpg
https://cdn.peri.com/.imaging/l/dam/379 ... ker_in.jpg
https://www.wasmitautos-blog.com/wp-con ... -klein.jpg
https://www.forcetools-kepmar.eu/WebRoo ... /404D2.jpg

(Sowas würde ich nicht dauerhaft beruflich schaffen. Grundsätzlich geht die Körperhaltung, ich kann für den kleinen Bedarf in Hobby und Haushalt schon mal solche oder äquivalente - durch die Versteifung sieht das immer etwas anders aus und geht nicht mehr genau so wie auf den Bildern - Körperhaltungen einnehmen. Aber nicht dauerhaft, täglich, immer wieder wie im Beruf.)

Von Berufen, in denen man fest am Platz bleiben muss, sehr viel Auto fährt (sitzen!), aber auch Pflege und die meisten Handwerksberufe würde ich abraten. Das wirkt erstmal, als bliebe nur Büro, kaufmännisch übrig, dem ist aber nicht so. Büroberufe sind zwar meist sinnvoll, sie müssen aber längst nicht kaufmännisch sein. Ich habe z.B. zunächst eine Ausbildung als Fachinformatiker (Programmierer) gemacht, danach Physik studiert und arbeite heutzutage in der Forschung/ technischen Softwareentwicklung überwiegend am Schreibtisch. Klappt sehr gut, ich hatte noch nie rückenbedingte Ausfallzeiten, arbeite in Vollzeit ohne gesonderte Regelungen für mich zu benötigen.
Neben technischen Büroberufen gib es auch solche im sozialen und künstlerischen Bereich.
(Ich hatte mir damals große Sorgen bzgl. Arbeit gemacht, da ich mit kaufmännischen Büroberufen rein gar nichts anfangen kann und Typ "Computerfreak und Schrauber" :D bin.)

Generell, noch mehr aber bei bereits bestehenden Einschränkungen wie einer Skoliose oder operativen Versteifung, rate ich bei der Berufsfindung zu Praktika von 1 - 2 Wochen. Auch ich stellte damals fest, dass manche Berufe nicht zu meinen Gegebenheiten passen, z.B. Mechatroniker. Besser, man weiß frühzeitig bescheid, als sich durch die Ausbildung zu mühen und hinterher gar nicht oder nur sehr eingeschränkt in dem Beruf arbeiten zu können.

Haushalt und so weiter kann ich in normalem Umfang (= ohne Hilfe) bewältigen, manches ist ein bisschen umständlicher aber es geht mit vertretbarem Aufwand. Autofahren kann ich auch, normales Fahrzeug ohne Umbauten; Zusatzspiegel könnten sinnvoll sein wenn man sich nicht gut drehen kann, aber viele Autos haben heutzutage schon Einpark-Kameras die gut helfen. Freizeit: Ich reise gerne (beruflich manchmal auch viel), geht alles, ich lege nur bei Unterkünften wert auf bequemere, d.h. lieber Hotel oder Jugendherberge und möglichst kein Camping. Ich bewege mich gerne, bin gerne aktiv, direkt "Sport" hat mir aber noch nie zugesagt. Was ich gerne mache ist wandern (auch weit und anspruchsvolles Gelände, bin ein "Outdoormensch"), Tagesausflüge und so weiter. Bei Aktivitäten für Jugendliche oder junge Erwachsene, die gerne etwas sportlicher ausfallen, habe ich ab und zu etwas sein gelassen wenn es für mich zu heftig war (dazu gehörte z.B. Kartfahren: man sitzt niedrig und ist zudem Erschütterungen ausgesetzt, beides schlecht/unangenehm; oder Wandern mit Übernachung im Zelt: hab' ich als Jugendliche ab 1 Jahr nach OP ausprobiert, ging grundsätzlich, war aber unangenehm, mache ich nicht mehr sondern lege mir heutzutage Touren so, dass ich immer in einer Pension/Hütte mit Bett schlafen kann). Man kann theoretisch sehr viel mitmachen, "verboten" ist wenig - bei einigem wird man aber feststellen, dass es anstrengender ist, unangenehmer ist und dann lässt man es sein.

Noch ein wichtiger Nachtrag:
Aufgrund der hohen Verkrümmungswerte würde mich noch interessieren: Liegt bei deiner Tochter eine Grunderkrankung vor, z.B. Muskelerkrankung? Welche Therapien wurden bislang versucht; falls Korsetttherapie, von welchem Orthopädietechniker war das Korsett?

Viele Grüße
Raven
Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen.
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