Ein paar aktuelle Infos zu OP-Verfahren
Verfasst: Mo, 25.07.2016 - 00:12
Hallo, ihr lieben Mitgekrümmten.
Ich habe die letzten Tage und Wochen mal die Suchmaschinen glühen lassen und viel Recherche betrieben und Kontakt mit Ärzten und Professionals gehabt. Da ich dachte, dass meine Erkenntnisse vielleicht auch für den ein oder anderen hier interessant sein könnten, möchte ich diese mit euch teilen.
Kurzer Disclaimer vorab: ich habe absolut nicht vor, hier Schleichwerbung zu machen oder generell irgendwen zu einer OP zu überreden. Das ist wahrscheinlich ohnehin jedem klar, da sich sicher kaum einer freiwillig einem solchen Unterfangen unterzieht, aber nichts desto trotz muss ich sagen: die Thematik ist wahnsinnig spannend und ja, auch der ein oder andere Hoffnungsschimmer lässt sich erkennen. Die jeweiligen Teams bringen tolle Leistung und allgemein finde ich es super, dass aktuell etwas Schwung in die Bude gekommen ist und sich so langsam wirklich etwas tut. Die kleinen Schritte summieren sich auf. Danke an die Chirurgie!
1. Apifix
Eine noch recht neue Methode, die 2013 pilotiert wurde. Für meinen Geschmack erhält sie nicht ganz die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätte, da die ersten Follow Up Resultate alles in allem sehr vielversprechend aussehen. Ich hatte Kontakt mit dem CEO und Gründer, der mir ein paar weiterführende Infos gab:
- aktuell wird das Verfahren in DE nur von Dr. Desai in Köln angewendet. Demnächst soll aber auch eine Kooperation mit einer Klinik in Berlin beginnen (nicht genauer spezifiert, muss man die Augen offen halten)
- angezeigt war das Verfahren in der Pilotierung für 11-17 Jährige mit Kurven von 40-60° Restwachstum. Nach Rücksprache teilte mir der Entwickler aber mit, dass grundsätzlich auch nichts gegen die Anwendung bei jungen Erwachsenen spräche, wenn Knochenqualität und Flexibilität gegeben seien. Ältere Erwachsene mit Komorbiditäten würden wahrscheinlich nicht glücklich werden und eine aussagekräftige Studie bräuchte viele Ressourcen und ein großes Sample. Ich hatte in Köln angefragt, wie es dahingehend grundsätzlich aussehe. Ich glaube allerdings, ich wurde missverstanden und sie bezogen es auf mich, mit entsprechender Ablehnung. Naja, wer konkrete Infos zu seinem Fall möchte, kann dort ja anfragen. in der Pilotierung wurde eine Reduktion von M=20° +- 8° erreicht. Am beachtlichsten fand ich den Fall einer 17 jährigen, die aufgrund starker Schmerzen mit "nur" 34° operiert wurde - und danach beinahe grade war. 11° Restkrümmung.
Vorher: https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/ ... e=5828890C
Nacher: https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/ ... e=5816908A
Die Funktionsweise möchte ich hier nicht weiter erläutern. Infos findet man dazu reichlich im Netz, hier in Kürze in Videoform:
https://www.youtube.com/watch?v=RWoLcYnfq94
Weiterhin interessant: Der Entwickler sagte außerdem, man arbeite grade an einer Variation des Systems für unter 10-jährige, um auch in dieser Altersklasse eine Alternative anbieten zu können. Eltern von kleinen Kindern dürfen also die Ohren spitzen.
Das Verfahren ist sicher keine eierlegende Wollmilchsau, aber wer in das Raster passt, kriegt hier sicherlich eine sehr simple, nachvollziehbare und in wahrscheinlich so gut wie jeder Hinsicht bessere Möglichkeit als die Fusion angeboten, um eben dieser nochmal zu entgehen. Großes Dankeschön an die Entwickler. Die junge Patientin aus dem Beispiel ist womöglich heute noch überglücklich. Bisher ist mir nur eine Revision bekannt, aufgrund stark fortschreitender Zweitkrümmung.
Wer auf dem laufenden bleiben will, liked wahrscheinlich am besten die Facebook-Seite. Einfach Apifix in der Suchleiste eingeben.
2. Vertebral Body Tethering
Die Methode wurde hier im Forum ja auch schon des öfteren erwähnt und mit Dr. Trobisch haben wir glücklicherweise den richtigen Mann in unseren Reihen. Ich erkläre daher auch nicht mehr, sondern gebe nur ein wenig interessante Footage weiter.
Eines der ersten Teams, die das Verfahren angewendet haben, befindet sich in New York und in New Jersey. Da hier das ein oder andere mal schon was davon ewähnt wurde, dass diese eigentlich für Patienten mit Restwachstum ausgelegte Methode auch bei Erwachsenen angewendet werden könnte und auch tatsächlich wurde. Anscheinend wurden allein in dieser Klinik bereits ein 21-Jähriger, eine 34-Jährige und - Achtung, festhalten - wirklich eine 50-Jährige operiert. Und ich habe endlich Bildmaterial gefunden!
Sehr beeidruckend, wirklich. Es ist definitiv zu früh für Freudensprünge, das Sample ist viel zu klein bzw. nicht existent, Langzeitoutcome und Stabilität komplett unbekannt, ABER man darf an dieser Stelle auch einfach mal anerkennen, dass chirurgisch hier ein toller, mutiger Schritt gegangen wurde. Das stimmt schonmal zuversichtlich.
50 Jahre, weiblich, 65° Cobb:
http://www.spineandscoliosis.com/wp-con ... pre-op.jpg
Post-OP. Erzielte Korrektur auf 30°!:
http://www.spineandscoliosis.com/wp-con ... ost-op.jpg
Anmerkung: Bei steifen WS kann es sein, dass zur Erhöhung der Beweglichkeit zwecks besserer Korrektur zwischen manchen Wirbeln Knorpelgewebe entfernt wird. Sieht immernoch nach einem fairen Tradeoff aus.
Ich habe den durchführenden Arzt kontaktiert und ihm ein paar Fragen zu dem Verfahren gestellt, u.a. was die Mobilität angeht und werde die Antwort hier gerne teilen. Einen Fall einer jungen Patientin sehen wir in folgendem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=8LZ92SaaNdo
und wer sich dieses mal ab 0:57 mal anschauen möchte... also "Mobilität" kann man das wohl durchaus nennen
Ich hoffe, da waren für den ein oder anderen ein paar interessante Sachen dabei. Noch ist nichts gewonnen, aber ich denke, Zuversicht ist auch nicht unangebracht, grade für die Jüngeren unter uns. In den letzten Jahren wurden ganz sicher einige Sprünge gemacht. Sehr, sehr spannend.
In diesem Sinne
PS: wer mal mit dem English nicht weiterkommt in irgendeiner Fachliteratur, kann sich gerne melden. Dann versuche ich weiterzuhelfen.
Ich habe die letzten Tage und Wochen mal die Suchmaschinen glühen lassen und viel Recherche betrieben und Kontakt mit Ärzten und Professionals gehabt. Da ich dachte, dass meine Erkenntnisse vielleicht auch für den ein oder anderen hier interessant sein könnten, möchte ich diese mit euch teilen.
Kurzer Disclaimer vorab: ich habe absolut nicht vor, hier Schleichwerbung zu machen oder generell irgendwen zu einer OP zu überreden. Das ist wahrscheinlich ohnehin jedem klar, da sich sicher kaum einer freiwillig einem solchen Unterfangen unterzieht, aber nichts desto trotz muss ich sagen: die Thematik ist wahnsinnig spannend und ja, auch der ein oder andere Hoffnungsschimmer lässt sich erkennen. Die jeweiligen Teams bringen tolle Leistung und allgemein finde ich es super, dass aktuell etwas Schwung in die Bude gekommen ist und sich so langsam wirklich etwas tut. Die kleinen Schritte summieren sich auf. Danke an die Chirurgie!
1. Apifix
Eine noch recht neue Methode, die 2013 pilotiert wurde. Für meinen Geschmack erhält sie nicht ganz die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätte, da die ersten Follow Up Resultate alles in allem sehr vielversprechend aussehen. Ich hatte Kontakt mit dem CEO und Gründer, der mir ein paar weiterführende Infos gab:
- aktuell wird das Verfahren in DE nur von Dr. Desai in Köln angewendet. Demnächst soll aber auch eine Kooperation mit einer Klinik in Berlin beginnen (nicht genauer spezifiert, muss man die Augen offen halten)
- angezeigt war das Verfahren in der Pilotierung für 11-17 Jährige mit Kurven von 40-60° Restwachstum. Nach Rücksprache teilte mir der Entwickler aber mit, dass grundsätzlich auch nichts gegen die Anwendung bei jungen Erwachsenen spräche, wenn Knochenqualität und Flexibilität gegeben seien. Ältere Erwachsene mit Komorbiditäten würden wahrscheinlich nicht glücklich werden und eine aussagekräftige Studie bräuchte viele Ressourcen und ein großes Sample. Ich hatte in Köln angefragt, wie es dahingehend grundsätzlich aussehe. Ich glaube allerdings, ich wurde missverstanden und sie bezogen es auf mich, mit entsprechender Ablehnung. Naja, wer konkrete Infos zu seinem Fall möchte, kann dort ja anfragen. in der Pilotierung wurde eine Reduktion von M=20° +- 8° erreicht. Am beachtlichsten fand ich den Fall einer 17 jährigen, die aufgrund starker Schmerzen mit "nur" 34° operiert wurde - und danach beinahe grade war. 11° Restkrümmung.
Vorher: https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/ ... e=5828890C
Nacher: https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/ ... e=5816908A
Die Funktionsweise möchte ich hier nicht weiter erläutern. Infos findet man dazu reichlich im Netz, hier in Kürze in Videoform:
https://www.youtube.com/watch?v=RWoLcYnfq94
Weiterhin interessant: Der Entwickler sagte außerdem, man arbeite grade an einer Variation des Systems für unter 10-jährige, um auch in dieser Altersklasse eine Alternative anbieten zu können. Eltern von kleinen Kindern dürfen also die Ohren spitzen.
Das Verfahren ist sicher keine eierlegende Wollmilchsau, aber wer in das Raster passt, kriegt hier sicherlich eine sehr simple, nachvollziehbare und in wahrscheinlich so gut wie jeder Hinsicht bessere Möglichkeit als die Fusion angeboten, um eben dieser nochmal zu entgehen. Großes Dankeschön an die Entwickler. Die junge Patientin aus dem Beispiel ist womöglich heute noch überglücklich. Bisher ist mir nur eine Revision bekannt, aufgrund stark fortschreitender Zweitkrümmung.
Wer auf dem laufenden bleiben will, liked wahrscheinlich am besten die Facebook-Seite. Einfach Apifix in der Suchleiste eingeben.
2. Vertebral Body Tethering
Die Methode wurde hier im Forum ja auch schon des öfteren erwähnt und mit Dr. Trobisch haben wir glücklicherweise den richtigen Mann in unseren Reihen. Ich erkläre daher auch nicht mehr, sondern gebe nur ein wenig interessante Footage weiter.
Eines der ersten Teams, die das Verfahren angewendet haben, befindet sich in New York und in New Jersey. Da hier das ein oder andere mal schon was davon ewähnt wurde, dass diese eigentlich für Patienten mit Restwachstum ausgelegte Methode auch bei Erwachsenen angewendet werden könnte und auch tatsächlich wurde. Anscheinend wurden allein in dieser Klinik bereits ein 21-Jähriger, eine 34-Jährige und - Achtung, festhalten - wirklich eine 50-Jährige operiert. Und ich habe endlich Bildmaterial gefunden!
Sehr beeidruckend, wirklich. Es ist definitiv zu früh für Freudensprünge, das Sample ist viel zu klein bzw. nicht existent, Langzeitoutcome und Stabilität komplett unbekannt, ABER man darf an dieser Stelle auch einfach mal anerkennen, dass chirurgisch hier ein toller, mutiger Schritt gegangen wurde. Das stimmt schonmal zuversichtlich.
50 Jahre, weiblich, 65° Cobb:
http://www.spineandscoliosis.com/wp-con ... pre-op.jpg
Post-OP. Erzielte Korrektur auf 30°!:
http://www.spineandscoliosis.com/wp-con ... ost-op.jpg
Anmerkung: Bei steifen WS kann es sein, dass zur Erhöhung der Beweglichkeit zwecks besserer Korrektur zwischen manchen Wirbeln Knorpelgewebe entfernt wird. Sieht immernoch nach einem fairen Tradeoff aus.
Ich habe den durchführenden Arzt kontaktiert und ihm ein paar Fragen zu dem Verfahren gestellt, u.a. was die Mobilität angeht und werde die Antwort hier gerne teilen. Einen Fall einer jungen Patientin sehen wir in folgendem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=8LZ92SaaNdo
und wer sich dieses mal ab 0:57 mal anschauen möchte... also "Mobilität" kann man das wohl durchaus nennen
Ich hoffe, da waren für den ein oder anderen ein paar interessante Sachen dabei. Noch ist nichts gewonnen, aber ich denke, Zuversicht ist auch nicht unangebracht, grade für die Jüngeren unter uns. In den letzten Jahren wurden ganz sicher einige Sprünge gemacht. Sehr, sehr spannend.
In diesem Sinne
PS: wer mal mit dem English nicht weiterkommt in irgendeiner Fachliteratur, kann sich gerne melden. Dann versuche ich weiterzuhelfen.