Op wirklich so schlimm

Fragen zum Thema Wirbelsäulen OP's
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Manu0408
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Op wirklich so schlimm

Beitrag von Manu0408 »

Bei meiner Tochter wurde vor einem Jahr eine Skoliose von 50 Grad festgestellt. Nun hat sie , seit einem Jahr ein Korsett, welches sie auch konsequent trägt.
Nun hat sich die Skoliose, durch ein Fehler am Korsett ( fehlende Pelotten) auf 60 Grad verschlechtert und Dr. Hoffmann meinte , das eine Op fast unausweichlich wäre,
allerdings erst in vier Jahren, wenn das Wachstum beendet sei.
Nun meine Frage. Dr. Hoffmann meinte, das man nach der Op alles uneingeschränkt wie zuvor auch machen könnte, er hätte Mädels die sogar Stabhochsprung machen würden :/
Ich habe nun allerdings auch Aussagen gehört, wo gesagt wurde, das sogar das Schuhe anziehen zu einem echten Problem werden könnte. :eek:
Da sie die Verkrümmung oben und unten hat, ist nun meine Angst, das das alles doch nicht so super einfach laufen könnte.
Dr. Steffan
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Dr. Steffan »

Optimales Op-Alter ist das 14.-15. Lj. Kann denn nicht durch ein neues Korsett mit mehr Druck die Krümmung noch korrigiert werden? Ihre Tochter ist doch noch im Wachstum. Was sagt Dr. Hoffmann dazu?
Dr. K. Steffan
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Raven
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Raven »

Hallo Manu,
Manu0408 hat geschrieben:Bei meiner Tochter wurde vor einem Jahr eine Skoliose von 50 Grad festgestellt. Nun hat sie , seit einem Jahr ein Korsett, welches sie auch konsequent trägt.
Nun hat sich die Skoliose, durch ein Fehler am Korsett ( fehlende Pelotten) auf 60 Grad verschlechtert und Dr. Hoffmann meinte , das eine Op fast unausweichlich wäre,
allerdings erst in vier Jahren, wenn das Wachstum beendet sei.
manche Patienten haben auch in dem Fall noch guten Erfolg mit einer Korsetttherapie; dazu gibt es auch Beispiele im Forum.
Manu0408 hat geschrieben: Nun meine Frage. Dr. Hoffmann meinte, das man nach der Op alles uneingeschränkt wie zuvor auch machen könnte, er hätte Mädels die sogar Stabhochsprung machen würden :/
Ich habe nun allerdings auch Aussagen gehört, wo gesagt wurde, das sogar das Schuhe anziehen zu einem echten Problem werden könnte. :eek:
Da sie die Verkrümmung oben und unten hat, ist nun meine Angst, das das alles doch nicht so super einfach laufen könnte.
Die Einschränkungen hängen v.a. von der Versteifungsstrecke ab.
Ich wurde selbst mit 13 Jahren operiert, lange Versteifungsstrecke über 15 Wirbel (Th3-L5). Manche der Einschränkungen sind auch für Außenstehende widersprüchlich, z.B. habe ich auf jeden Fall Probleme, Schuhe zu binden ohne mich dabei zu setzen, stolpere im Bus schnell wenn ich keinen Sitzplatz habe (mit einer langen Versteifungsstrecke kann man die üblichen Ausgleichbewegungen, um sich in einem fahrenden Bus abzufangen, nicht machen, und ich kann auch nicht so hoch greifen; geht mir da wie alten Menschen). Gleichzeitig kann ich aber z.B. Wander-Tagestouren (ohne Gepäck) machen, die eher etwas für fitte Leute sind, arbeite Vollzeit (Büro). Die Einschränkung besteht grundsätzlich darin, den von der Versteifung betroffenen Bereich nicht mehr bewegen zu können - Tätigkeiten, die diese Beweglichkeit verlangen, sind dann mühsamer (d.h. mit einer Alternativbewegung, die umständlicher ist) oder nicht mehr möglich (z.B. für bestimmte Sportarten erforderliche Bewegungsprofile).

Das "alles uneingeschränkt wieder machen können" würde ich als Selbstbetroffene korrigieren zu: Man kann oft mehr, als es Außenstehende vermuten würden. Alltagsbewegungen wirken in der Regel nicht sonderlich steif. An Sportarten darf man nach einer hinreichenden Genesungszeit fast alle wieder ausprobieren (und wird merken, dass manches geht, manches von den Bewegungen her unmöglich ist, und manches zwar geht, aber enorm anstrengt). Es bleibt aber eine Einschränkung. Man kann vieles im Alltag zwar machen, aber bestimmte Dinge gehen nur langsamer, sind mühsamer.
Eine Wirbelsäule, die zum großen Teil aus einem steifen Stück besteht, kann einfach nicht all die Bewegungen durchführen, die eine auf übliche Art und Weise segmentierte durchführen kann.
Manche Patienten mit Versteifung führen auch Sportarten oder Berufe aus, die auch ihrer eigenen Aussage nach (!) eigentlich zu anstrengend sind, oder von denen Ärzte dringend abgeraten haben - dass jemand etwas macht, bedeutet nicht zwingend, dass es belastungsarm machbar ist.

Ich schaffe z.B. auch einen Wohnungsgroßputz, verreise alleine, hole einen Wocheneinkauf, habe einen Führerschein, habe im Studium nebenbei gejobbt, im Studium ein technisches Werkstattpraktikum mitgemacht, also alles "ganz normal"; im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Einschränkungen sieht es aber im Detail anders aus:
ich muss beim Putzen viel mehr Pausen machen (der Unterschied, wie ich das mache, und wie Leute ohne Einschränkung das machen, fällt sofort auf), beim Verreisen bin ich in vielem langsamer und komme mit dem Gepäck nicht so gut zurecht (wenn ich mit einer Gruppe Gleichaltriger unterwegs bin, merke ich da "einen himmelweiten Unterschied"), und den Wocheneinkauf hole ich mit einem Trolley, wo andere noch mit Rucksack und Taschen zurecht kommen, im Auto benutze ich Zusatzspiegel (kann keinen Schulterblick machen, und schon gar nicht beim Rückwärtsfahren mich herumdrehen um durch die Heckscheibe zu gucken), und unter den Nebenjobs gingen nur solche im Büro, das Werkstattpraktikum führte zu Beschwerden die andere nicht hatten (eigentlich war's für mich zu viel).

Kurz und gut: Wenn eine Versteifungs-OP wirklich notwendig sein sollte, man lernt damit zurechtzukommen. Aber wenn es noch eine andere Option gibt, z.B. eine bessere Korsetttherapie, lohnt es sich oft, diese zu versuchen :ja: . Ich denke da auch an das Alter deiner Tochter und die erst für nach Abschluss des Wachstums angesetzte OP: Warum soll (wenn die OP nötig ist) so lange gewartet werden? In der Zwischenzeit deine Tochter ohne Korsettversorgung zu lassen, ist auch keine sinnvolle Option (weitere Verschlechterung; Verringerung der Gradzahlen und Verbesserung der Optik bei einer OP sind in der Regel bei geringeren Gradzahlen besser).

Viele Grüße
Raven
Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen.
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Nelly »

Hallo Manu,

hat deine Tochter jetzt ein Korsett von Rahmouni? Ihr hattet doch einen Termin Anfang Oktober, oder?
Dann wird demnächst doch auch das Kontroll-Röntgen mit Korsett stattfinden.

Ihr habt noch 4 Jahre Zeit, bitte versucht es doch weiter mit Korsett!

Meine Tochter hat auch hohe Gradzahlen und Dr. Hoffmann wollte uns auch zur OP überreden, hatten schon einen Termin mit
einem Professor von der Schön-Klinik doch den haben wir wieder abgesagt!
Auch Rahmouni ist nicht für eine OP (okay er verdient ja sein Geld mit den Korsett's)
Obwohl meine Tochter schon 14 1/2 ist werden wir es weiter mit Korsett versuchen, operieren kann sie sich immer noch lassen!

Deine Tochter ist erst 12 und wenn sie jetzt ein gut korrigierendes Korsett hat und es auch trägt, gibt es eine Chance, dass es besser wird!
Also lasst Euch jetzt nicht entmutigen.

Alles Liebe und Gute!

Nelly
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Lilly »

Hallo Manu,

ich kann den anderen nur Recht geben! Versucht es doch erst einmal konservativ weiter, es muss halt ein sehr gutes Korsett sein.

Ansonsten würde ich persönlich keine Skoliose-OP-Entscheidung für mein Kind treffen wollen, außer, es wäre lebensnotwenig. Ich hätte viel zu viel Angst, dass ich das irgendwann mal vorgeworfen bekomme, denn solch eine OP bedeutet ja schon eine gewaltige Einschränkung für das tägliche Leben, mal von den Belastungen durch die OP selbst abgesehen. Ich persönlich würde solange mit einem hochkorrigierenden Korsett und begleitenden Therapien versuchen, die Progredienz der Skoliose zu stoppen bzw. auch die Skoliose zu verbessern wie es geht. Und wenn dann doch eine OP unbedingt notwendig würde, wenn mein Kind alt genug für eine eigene Entscheidung wäre, dann erst die Entscheidung treffen.

Es gibt auch hier im Forum ein paar Operierte, die die Entscheidung der Eltern verurteilen und nun aber nichts mehr rückgängig zu machen ist.

Viele Grüße,
Lilly
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Raven
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Raven »

Halo Lilly,
Lilly hat geschrieben: Es gibt auch hier im Forum ein paar Operierte, die die Entscheidung der Eltern verurteilen und nun aber nichts mehr rückgängig zu machen ist.
dem stimme ich zu. Betrifft nicht mich, aber es gibt Skoliose-Patienten, die mit der Entscheidung nicht zurecht kommen.
Zur Zeit meiner OP gab es keine gut genug korrigierenden Korsetts. Ich hatte also nur die Wahl: Korsett weiter tragen und krummer werden, angekündigter Wechsel zu einem Korsett mit dauerhaft zu tragendem Halsteil ("Kopfstütze") und dabei Einschränkungen durch die weitere Verkrümmung in Kauf nehmen (Lungenkapazität war schon gering, wennauch noch weit von "lebensbedrohlich" entfernt), oder mit der OP die Hoffnung auf ein korsettfreies Leben ohne weitere Krümmungszunahme, dafür aber mit einer Bewegungseinschränkung (die beim dauerhaften Tragen eines Korsetts auch bestanden hätte).
Es wäre mir auch lieber gewesen, die OP zu vermeiden und trotzdem die Skoliose zu stabilisieren oder zu verbessern. Da das nicht ging, stimmten wir der OP zu, eine leichte Entscheidung war es nicht. Ich hatte Zukunftspläne, und mir lag etwas daran, diese auch einmal umsetzen zu können - die OP war zwar nicht lebensnotwendig, aber ich wollte schon mehr als "nur" leben. Für mich war es eine Chance auf ein schmerzfreies Leben, auf ein Leben ohne stetige Krümmungszunahme, ein korsettfreies Leben (als Therapie für einige Jahre akzeptiere ich es, aber bei mir sah es nicht danach aus, dass es bei "einigen Jahren" bleiben würde), eine wieder aktivere Teilnahme am Alltagsleben.
Die Toleranz einer OP (durchaus psychische Belastung gerade in der Anfangszeit, dauerhafte Einschränkungen wennauch sie teilweise kompensierbar sind) inkl. psychische Folgen hängt sicherlich auch davon ab, inwieweit man selbst entschieden hat, was man von seinem Leben erwartet (mir war nie viel an einem sportlich-aktiven Leben gelegen, eher Schmerzfreiheit und eine gewisse Zukunftssicherheit statt deprimierender Krümmungszunahme) und inwieweit man mit "Anderssein" zurecht kommt (ich habe selbst das Motto, das unter meinem Beitrag steht, empfand auch als Teenager so, aber nicht jeder ist so).
Nachwievor bereue ich es nicht, da mir bewusst ist, dass es noch mindestens sechs, sieben Jahre gedauert hätte, bis ich an hochkorrigierende Korsetts herangekommen wäre - aus der 55-Grad-Skoliose mit 13 Jahren wäre bei mir bis zum ca. 20. Lebensjahr sehr wahrscheinlich eine wesentlich höhergradige geworden. Auch mit der OP bis zum 18. Lebensjahr zu warten, war für uns (meine Eltern und mich) damals keine Option: höhere Gradzahlen - verschlechterte sich ja fortwährend - , und dann die OP bei höheren Gradzahlen mitten in Abi oder Studium? Letzteres hätte auch ich nicht gewollt. Unter den damaligen Bedingungen entschieden wir uns für die OP, als feststand, dass die Korsetttherapie (obwohl ich mich im Korsett unwohl fühlte, trug ich es doch fleißig, da ich hoffte, eine OP zu vermeiden) nebst Physiotherapie wirklich nichts mehr bringt und jede Kontrolle nur eine deutliche Verschlechterung zeigte.

Gerade deshalb (!) sehe ich eine OP als eine Hilfe an, wenn andere Therapien weder Schmerzreduktion noch ein einigermaßenes Im-Zaum-Halten der Krümmung leisten können. Ich sehe die OP aber keinesfalls als einen leichten Weg an - manche denken, "das lässt man einfach wegoperieren und erledigt ist es", aber dem ist nicht so. Es soll wohlüberlegt sein. Habe trotz des guten Erfolgs (nie schlechte Gefühle deshalb, und schon gar nicht gegenüber meinen Eltern, denen die Entscheidung auch nicht leicht fiel und die ich in meinem Fall vielmehr für den Mut dazu bewundere) bei mir eine durchaus OP-kritische (nicht OP-ablehnende) Einstellung.

Viele Grüße
Raven
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Lilly
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Lilly »

Hallo Raven,

ich finde es gut, wie ausführlich und ehrlich du über eine solche OP und den Alltag damit schreibst!
Mit der Fähigkeit, selbst zu entscheiden, meinte ich nicht das Alter von 18 Jahren als gesetzliche Möglichkeit, sondern ein Alter von mehr geistiger Reife, insofern, dass der/die Heranwachsende wenigstens schon einigermaßen abschätzen kann, was auf ihn/sie zukommen wird, wenn man es entsprechend erklärt. Das halte ich so oder so erst mit etwa 15/16 Jahre für möglich. Manche vielleicht etwas früher, manche vielleicht auch etwas später. Es gibt sicher Fälle, in denen man nicht mehr drum herum kommt, vielleicht auch in einem recht jungen Alter, aber man sollte sich schon gründlich überlegen, ob das dann auch wirklich der Fall ist.

Auch, wenn wir persönlich weit von einer OP-Indikation entfernt sind, finde ich deine Beiträge immer sehr interessant und sehr hilfreich für alle, die sich mit dem Gedanken an eine solche OP befassen!

Viele Grüße,
Lilly
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Raven
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Raven »

Hallo Lilly,
Lilly hat geschrieben:insofern, dass der/die Heranwachsende wenigstens schon einigermaßen abschätzen kann, was auf ihn/sie zukommen wird, wenn man es entsprechend erklärt
das war damals gegeben - es gab nicht nur die Aufklärungsgespräche in der Klinik (die waren freundlich, ehrlich, nicht verschreckend, aber auch nicht beschönigend), sondern auch Gespräche mit Patienten in verschiedenen Genesungsstadien. Erst recht unter den damaligen OP-Bedingungen - noch keine primärstabilen Implantate, d.h. nach der OP erstmal Gips und dann für ca. ein halbes Jahr ein Korsett, das 24 Stunden am Tag zu tragen war und nicht "weil es gerade mal stört" abgenommen werden durfte, sowie weitere aus der Kombination nicht primärstabil + tiefe Versteifung bis L5 folgende für Monate geltende strenge Verhaltensregeln.

Die ausführliche Information, wissen was auf mich zukommt und wirkliches Begreifen der Ernsthaftigkeit der Sache - wenn es mal gemacht ist, kann man sich nicht mehr umentscheiden, aus einer pubertären "Zickigkeit" ;) heraus sich Regeln widersetzen geht nicht, war damals ganz wichtig. Ansonsten wäre die OP wohl auch nicht gemacht worden. Es gab damals nicht das Aufklärungsgespräch mit den Eltern, und ein kurzes "nettes" Gespräch mit den jungen Patienten, sondern das komplette Aufklärungsgespräch mit dem jungen Patienten, sofern irgendwie möglich (Ausnahme natürlich: da waren auch schwerstmehrfachbehinderte Patienten bei denen davon auszugehen war, dass sie leider kaum auf die OP vorbereitet werden können - Kinder mit körperlicher und geistiger Behinderung und sehr hoher Verkrümmung, bei denen es schon in Richtung indirekt "lebensbedrohlich" ging).
Mir war die ausführliche Information auch aus dem Grund wichtig, abschätzen zu können, was ich zu erwarten habe - etwa zu sehen, dass bestimmte anfängliche Einschränkungen normal sind (zu sehen, dass andere die ersten Tage nach einer OP auch "nicht gut aussehen", komisch gehen und hilflos sind, nimmt die Angst, es habe etwas mit Komplikationen zu tun, wenn es einem genauso geht), wie man später eine Versteifung einigermaßen kompensiert und welche Fortschritte realistisch sind (und welche nicht, aber insbesondere auch, worauf ich mich jeweils schon mit einer guten Zuversicht freuen konnte, und so auch den Ärzten mehr vertrauen zu können dass hier nicht verharmlost wird).
Vergleiche im privaten Umfeld hat man bzgl. einer Skoliose-OP ja nicht, anders als bei alltagsüblicheren Behandlungsmethoden bei anderen Dingen, über die man sich eher untereinander austauschen kann. (Wenn ich da an die Eltern wie auch Kinder denke, die sich in dem Alter immer fleißig über Zahnspangen, Menstruation und Armbrüche ausgetauscht haben ;))
Ich habe mir selbst lange überlegt, ob ich es mir vorstellen kann, wie diese und jene Personen (die mir als vor einem halben, ganzen Jahr, zwei Jahren operiert vorgestellt wurden) zu leben, und ob ich es ertragen kann, x Wochen und Monate wie die Personen zu leben, die mir als vor wenigen Wochen bis Monaten operiert vorgestellt wurden. Und ob es mir die Sache wert ist, auf vieles zeitweise, auf manches dauerhaft zu verzichten, um bestimmte Verbesserungen zu gewinnen. Und ob ich damit klarkommen kann, dass es Komplikationen verschiedener Intensität und Dauer geben kann. Vom ersten Vorschlag einer OP bis zur Durchführung verging aus verschiedenen Gründen - sich wirklich dafür entscheiden, das ganze Drumherum für den Alltag planen - rund ein Jahr.

Ohne ausführliche Information hätte ich gar kein Vertrauen in die Ärzte gehabt.

Dass heutzutage die Verhaltensregeln und Einschränkungen direkt nach einer OP nicht mehr so streng sind (meiner Erfahrung nach sind die bleibenden Einschränkungen aber die selben), macht es wohl vielen Patienten wie auch Eltern leichter, sich für eine OP zu entscheiden. Das sehe ich auch zwiespältig: einerseits habe ich damals mitbekommen, dass Patienten mit ähnlicher Vorgeschichte wie bei mir die OP doch noch absagten. Eltern und Patienten, die v.a. vor den strengen Verhaltensregeln und sehr häufigen Nachkontrollen im ersten Jahr zurückschreckten. (Bei der damaligen OP-Technik war man mind. ein halbes Jahr auf umfangreiche Hilfe beim Ankleiden, Körperpflege etc. angewiesen, trug erst Gips und dann im Korsett, konnte im Haushalt nix, konnte ein halbes Jahr lang nicht sitzen - macht den Alltag sehr umständlich wenn man nicht einmal auf der Toilette sitzen kann und nicht in einem normalen Auto transportiert werden kann -, musste im zwei- bis vier-Wochen-Abstand per Liegendtransport in die Klinik zu Kontrollen, fehlte ein halbes (optimistisch) bis ganzes Jahr (üblich) in der Schule oder Arbeit. Das war normal, keine Folge von Komplikationen. Schreckte schon ab, gefühlsmäßig, und für manche schon organisationsmäßig nicht zu leisten. :eek: )
Andererseits habe ich das Gefühl, dass heutzutage eine OP oft von Patienten als schnelle Möglichkeit gesehen wird, insbesondere da die anfängliche Genesung bei modernen Implantaten und Operationstechniken wirklich erstaunlich ist. (Eine OP, nach der man oft am ersten oder zweiten Tag danach aufsteht, kurz darauf zum Essen sitzt, oft nach 7 bis 10 Tagen entlassen wird, sich zu Hause einigermaßen selbst um die Körperpflege kümmern kann, ohne Rollator oder Korsett nach Hause kommt, manchmal bereits nach einem Monat wieder die Schule besucht, man oft mit bisschen Hilfe den Haushalt schafft, oft nach zwei Monaten wieder für kurze Strecken ein Auto fährt, wirkt erstmal nicht so schwer, erst recht nicht für eine Wirbelsäulen-OP. Für die Patienten, die eine OP brauchen, freue ich mich selbstverständlich sehr über die Möglichkeiten, die heutige primärstabile Implantate bieten :ja: )


Viele Grüße
Raven
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Manu0408 »

Hallo ihr lieben

Vielen Dank für die Antworten:-) Wir werden auf alle Fälle, alles versuchen um einer Op aus dem Weg zu gehen. Mich hat das nur irgendwie so beschäftigt, da Dr Hoffmann
alles mit so einer Leichtigkeit erklärt hat, so als ob das alles nichts wäre. Allgemein habe ich bei ihm leider das Gefühl, das er viel zu schnell zu einer Op tendiert. Er hatte
noch kein Röntgenbild und nichts gesehen hat uns aber gleich von der Klinik und dem Arzt erzählt zu dem wir dann bei der Op müssten.
Wir haben heute, den Termin zur Anprobe bei Rahmouni und am Donnerstag bekommt sie dann das Korsett. Ich hoffe so, das wir dann die dringenden Fortschritte Machen werden.
Alleine schon das Gipsen, lief dort ganz anders ab als bei dem anderen Korsettbauer. Man hatte sich die ganze Zeit das aktuelle Röntgenbild während dem Gipsen angeschaut.
Die anderen haben das nicht einmal gemacht.
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Raven »

Hallo Manu,
Manu0408 hat geschrieben: Wir haben heute, den Termin zur Anprobe bei Rahmouni und am Donnerstag bekommt sie dann das Korsett. Ich hoffe so, das wir dann die dringenden Fortschritte Machen werden.
Alleine schon das Gipsen, lief dort ganz anders ab als bei dem anderen Korsettbauer. Man hatte sich die ganze Zeit das aktuelle Röntgenbild während dem Gipsen angeschaut.
ich wünsche deiner Tochter viel, viel Erfolg bei der Korsetttherapie :ja: :juggle:

Viele Grüße
Raven
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von Manu0408 »

Vielen lieben Dank Raven :)
affi
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chronische Schmerzen; Bandscheibenvorfall L5
Therapie: Chêneau-Korsett im Alter von 9 bis 14; 2002 OP (ventrale Kompressionsspondylodese Th 5-Th 12 mit Halm-Zielke-Instrumentarium); Cranyosacrale Therapie, Schmerztherapie
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Re: Op wirklich so schlimm

Beitrag von affi »

Lilly hat geschrieben: Ansonsten würde ich persönlich keine Skoliose-OP-Entscheidung für mein Kind treffen wollen, außer, es wäre lebensnotwenig. Ich hätte viel zu viel Angst, dass ich das irgendwann mal vorgeworfen bekomme, denn solch eine OP bedeutet ja schon eine gewaltige Einschränkung für das tägliche Leben, mal von den Belastungen durch die OP selbst abgesehen.
Meine Eltern haben damals auch für mich die Entscheidung getroffen. Ich zwar mit bei den Terminen und hab mir alles angehört, aber zum einen kannst du die Tragweite in dem Alter noch nicht so abschätzen und zum anderen müssen sie halt unterschreiben und haben damit das letzte Wort.
Ich käme nie auf die Idee, meinen Eltern das vorzuwerfen! Wir wurden damals einfach schlecht beraten. Da können sie aber nichts für. Wenn da ein (angeblicher) Profi sitzt und erzählt "Ach, in 5 Jahren 40 Grad Verschlechterung? Na, dann kommen bald die Lähmungserscheinungen und im schlimmsten Fall kann die Wirbelsäule brechen", dann glaubst du das als Laie. Damals war die Informationsfülle im Internet auch noch nicht so groß und da zeitlich so viel Druck gemacht wurde, haben wir dann die Drittmeinung weggelassen (behandelnde Orthopädin, die mit ihrem Latein langsam am Ende war und der Spezialist waren die eingeholten Meinungen).
Ich würde aus der Erfahrung heraus auch das mit der Physiotherapie anders handhaben als meine Eltern damals. Aber auch das ist kein Vorwurf, sie haben alles in ihrer Macht stehende getan. Und grad pubertierende Kinder zu bestimmten Dingen zu motivieren, ist eben nicht der einfachste Job ;)

@Manu: Aus meiner persönlichen Erfahrung würde ich mit der OP auch noch warten. Versucht erst mal alles andere. Solange deine Tochter keine Schmerzen oder andere Einschränkungen hat, sollte das in meinen Augen der letzte Ausweg sein.
ich hatte vor der OP keinerlei Beschwerden und seitdem gravierende. Wie Raven schon beschrieben hat, muss man im Alltag immer wieder auf einen guten Umgang mit seinem Rücken und sich selbst achten und manches dauert eben länger. In vielen Beschreibungen finde ich mich wieder ;) Auch bei mir dauert der Wohnungsputz gern mal den ganze Tag und ich nehm zum Einkaufen immer mein Fahrrad mit Korb, in den echt viel reinpasst. Und zwischendurch eben immer wieder für Wechsel der Haltung und Bewegung sorgen - dann geht man zu den Kollegen eben ins Büro statt anzurufen.
Trotz allem bin ich nicht grundsätzlich gegen OPs! Frei nach dem Motto "solange ich mir selbst den Ar*** abwischen kann, ist die Welt in Ordnung" geht's mir in meinem Leben gut. Man arrangiert sich eben mit den Besonderheiten. Es sollte nur nicht überstürzt operiert werden, denn rückgängig machen lässt sich das leider nicht.

Liebe Grüße
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