Re: Operative Bekämpfung der Kyphose ohne Versteifung (?)

Fragen zum Thema Wirbelsäulen OP's
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gauklerdavid
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Re: Operative Bekämpfung der Kyphose ohne Versteifung (?)

Beitrag von gauklerdavid »

Hallo
Ich möchte mit diesem Beitrag eine Diskussion wieder aufnehmen die von vor längerer Zeit von Krolik angestossen worden ist.
(MEDIZINISCHES, ERFAHRUNGSAUSTAUSCH -> Operation -> Operative Bekämpfung der Kyphose ohne Versteifung (?)) ,
Krolik, du dachtest darüber nach ob operative Verfahren die die Wirbelsäulen nicht versteifen (Bandscheibenimplantate und ähnliche flexible Verbindungsstücke) zur korrektur lokaler Kyphosen angewandt werden könnten.
Ich finde diesen Gedanken interessant, nicht zuletzt da ich , ähnlich wie der in deinem Posting beschriebene Fall, eine Tiefsitzende Kyphose habe (T10) die nur durch wenige (zwei oder drei - musss noch mal nachgucken) verformte Wirbel verursacht ist. Mit verformt meine ich keilförmig verändert. Zudem sind die Deckplatten zerklüftet wodurch die Wirbelzwischenräume schmaler und die Bandscheiben in ihre Funktion behindert ist .Dadurch ist der betreffende Teil relativ fixiert. Scheuermann eben.
Durch die eigentlich nur auf die zwei Wirbel beschränkte Abweichung wird leider die komplette WS in eine Fehlstatik gezwungen wodurch alle anderen Wirbelgelenke verstärkt belastet sind. Insbesondere die angrenzenden Gelenken werden dadurch daß sie kompensatorisch die Bewegungen des fixierteren Teiles ausgleichen müssen überbelastet und „leiern aus“. (salopp gesagt)

Ähnlich wie Krolik stelle ich mir die folgende Überlegung:
Wenn es gelingen würde die veränderten Wirbelzwischenräume der Betroffenen Keilwirbel durch flexible Implantate zu ersetzen ,die sowohl den ursprünglichen Abstand zwischen den Wirbeln wiederherstellen also auch die Keilform kompensieren, so könnte das zu einer verbesserte WS Statik und verbesserten biomechanischen Eigenschaften führen.
Theoretisch.

Könnte so eine Operation in Zukunft machbar und einigermaßen sicher sein?? Werden die Risiken sich im Rahmen halten. Wird der erhoffte Nutzen eintreten? Welche Erfahrungen bestehen bis jetzt? Was sagt die Fachwelt dazu?,
Ich weis, daß es in gewisser Hinsicht müßig ist sich darüber Gedanken zu machen, und man ist versucht sich eventuell falsche Hoffnungen zu machen. Um Missverständnisse zu vermeiden will ich deswegen gleich daraufhin weisen daß ich mit diesem Posting nicht allgemein Operationen gutheißen will. OPerationen an der Wirbelsäule sind aüßerst Risikobehaftet und abgesehen von extremen Fällen ist die konservative Behandlung mit Schroth und evtl Korsett die beste Wahl.
Trotzdem möchte ich die obengenanten Fragen gerne Diskutieren, auch deswegen weil sich im bereich der Bandscheibenimplantate einiges tut.

Krolik, hast du zu diesem Thema in der Zwischenzeit noch etwas herausgefunden?
Warum genau beschäftigst du dich mit dem Thema ? Bist du selbst oder eine dir bekannte Person von einer tiefsitzenden BWS Kyphose betroffen?

Ich habe mir vorgenommen systematischer Informationen zu versammeln zu folgenden Fragen:
Welche flexiblen (Bandscheiben) Implantate gibt es ?
Welche Erfahrungen wurden damit gesammelt im Hinblick auf:
Stabilität, Funktionalität, Haltbarkeit und eventuelle Komplikationen bei der Operation und später, u.ä.
Kämen diese Implantate, oder eine abgewandelte Form davon in Frage für bestimmte Formen der Scheuermannschen Erkrankung? (insbesondere können die Implantate auch an die verformten Deckplatten, die bei der Scheuermann Erkrankung auftreten angepasst werden? )
Gibt es damit Erfahrung?
VErschiedene Quellen kämen in Anmerkung:
Studien die in renommierten Zeitschriften veröffentlicht wurden, (Zugang kann ich über Datenbanken meiner Universität bekommen), direkte Informationen von Klinikern und Patienten, und das Internet.
Beim Internet muß man leider davon ausgehen daß die meisten Informationen weder fundiert , noch differenziert und oft manipulativer Absicht sind.

Ein erste unsystematische Suche im Internet ergab, daß verschiedene Bandscheibenimplantate bestehen und diese Verwendung in der klinischen Praxis finden. (Siehe auch die Bilder in Kroliks Posting) Die Hersteller, manche Kliniken und Chirurgen , medizintechnisch orientierte Marketing und Trendforschungeinrichtungen, sowie manche Medien feiern diese als Zukunftsweisend und beurteilen die ersten Ergebnisse überaus positiv. Kritischerer und wahrscheinlich kompetentere Stimmen sind zurückhaltender, und weisen u.a. hin auf Komplikationen, auf das nichtvorhandensein von Langzeitstudien, auf die nicht optimale Haltbarkeit und Bewegungsfähigkeit der künstlichen Bandscheiben und auf den engen Indikationsbereich.

Soweit mal von mir, freue mich auf Antwort
David
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Toni
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Beitrag von Toni »

Hallo David, schön wieder mal was von Dir zu lesen!
Interessante Frage, hab ich auch schon öfters darüber Nachgedacht.

Ich denke da weniger an das Thema "künstliche Bandscheibe", da ich glaube, daß 3-4 Wirbel im Bereich fer BWS für die gesamte WS-Beweglichkeit rel. unbedeutend sind.
Viel mehr glaube ich, müssten die keilförmig veränderten Wirbelkörper wieder in eine zylindrische Form gebracht werden.
Mein Schwiegervater ( 82) hatte Wirbelkörper-Einbrüche wegen Osteoporose. Dabei verändern sich die WK schlagartig und unter irrsinnigen Schmerzen zu zusammengebrochenen Keilwirbeln.

An der Uniklinik Heidelberg wurde eine Methode entwickelt, die bei meinem Schwiegervater angewandt wurde und die SOFORT geholfen hat:
Die KYPHOPLASTIE.

Er war schon Stunden nach der ambulanten und minimalinvasiven OP schmerzfrei und wieder gerade.Ohne Korsett- ohne alles....!
Wir waren alle total fasziniert von der Methode und ich überlege seitdem, ob eine ähnliche Methode nicht auch zur gezielten Aufrichtung von Keilwirbeln bei Kyphosen aller Art angewendet werden könnte?

http://www.kyphoplastie.de/e1/index_ger.html

Man sollte zu dem Thema auch mal Prof. Dr. Böhm in Bad Berka befragen, denn meines Wissens nach befasst sich er bisher am meisten mit minimalinvasiven Methoden der WS-OP.

Die Kyphoplastie z.B. wird NICHT von Chirurgen oder Orthopäden gemacht sondern von Radiologen, da man während solcher OP praktisch unter Dauerröntgen/ Röntgenmonitor liegt.
Die Strahlenbelastung soll angeblich exorbitant hoch sein!

Gruß Toni
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas!
gauklerdavid
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Kypholpastik

Beitrag von gauklerdavid »

Toni hat geschrieben:Hallo David, schön wieder mal was von Dir zu lesen!
Interessante Frage, hab ich auch schon öfters darüber Nachgedacht.

Ich denke da weniger an das Thema "künstliche Bandscheibe", da ich glaube, daß 3-4 Wirbel im Bereich fer BWS für die gesamte WS-Beweglichkeit rel. unbedeutend sind.
Viel mehr glaube ich, müssten die keilförmig veränderten Wirbelkörper wieder in eine zylindrische Form gebracht werden.
Gruß Toni
Da hast du wohl recht daß das Aufrichten der Wirbelkörper im algemeinen wichtiger ist als die vollständige Beweglichkeit. Das hängt sicherlich auch vom Einzelfall ab. Es gbt ja auch Leute bei denen die Deckplatten sehr zerklüftet sind sich mit der Zeit in die Bandscheiben reindrücken. Ich dachte an sowas wie ein speziell angepasstes BS Implantat daß selbst keilförmig ist und damit die keilform des Wirbels kompensiert. Ist natürlich alles Laienphantasie.
Von der kyphoplastik habe ich auch schon gelesen. klingt sehr interessant Auch Dr Hoffmann erwähnte mal daß man sowas bei Ostheroporose macht. Meines erachtens sah er das aber als nicht tauglich an für die Scheuermannsche Erkrankung. Man wird warten müssen bis mehr Erfahrung vorhanden ist, und vielleicht sollte man die Ärzte auf den Gedanken bringen zu prüfen ob das Konzept Kyphoplastie auch bei Scheurmannkeilwirbeln angewandt werden könnte. Und noch was: Wenn nun der Wirbel aber gar nicht gebrochen ist , muß man ihn dan vorher erst mal aufsägen bevor man ihn aufbläst?! Uuh.


David
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Hallo zusammen,

mit den künstlichen Wirbelgelenken habe ich mich auch einmal kurzzeitig beschäftigt, nachdem ich meine Diagnose Morbus Bechterew erhalten hatte. Und zwar dachte ich, daß u. U. nach dem Versteifungsprozeß die WS durch eine künstliche Bandscheibe wieder beweglich werden würde, was aber wohl Käse ist, da ja nicht nur die Bandscheibe verknöchert, sondern auch darumliegendes Gewebe und Bänder ihre Elastizität verlieren und es (so glaube ich) auch dort zu Verkalkungen kommt.
Inzwischen habe hat sich meine Beweglichkeit wieder verbessert und ich bin, von der HWS abgesehen, ganz zufrieden. Geschafft durch Schroth+Korsett+Medikamente+Ernährung.

Mit der Kyphoplastie hätte ich beinahe Erfahrungen gemacht: Auf dem Rückweg von Leonberg hatte ich mich mit dem Auto überschlagen, was Deckplatteneinbrüche zur Folge hatte. Da diese aber relativ gering ausfielen, blieb mir die OP erspart und die Wirbelkörper konnten in der neuen Form verheilen.


Karlson
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Beitrag von Krolik »

Hallo!

Die Auferstehung meines alten Themas hat mich heute ganz unerwartet erwischt. :tot: Leider habe ich ausgerechnet jetzt viel zu wenig Zeit um weder die Fragen von David vollwertig zu beantworten noch über die weiteren Informationen zu berichten, die ich in der Zwischenperiode tatsächlich gesammelt habe. Ich versuche das im Laufe kommender Woche etwas konsequenter anzugehen.

Ansonsten ist die hier so schön angefangene Diskussion wieder in die andere (alte) Richtung weggerutscht: "Operative Korrekturmöglichkeit eines Keilwirbels". Zu diesem (anderen) Thema habe ich mich damals ebenfalls geäußert und einige Fragen gestellt. Der Schwerpunkt meines eigenen Topics bezog sich dann aber auf die Behebung von (idiopathischen oder posttraumatischen) Instabilitäten der Wirbelgelenke im Kyphosenbereich der Wirbelsäule. Für Lordosenbereiche gilt die Endoprothese schon als sich gut bewährte Methode, allerdings wenn kein Wirbelgleiten vorhanden ist. Für konvexe Bereiche der WS ist mir bisher überhaupt nichts bekannt. In beiden Fällen besteht die Hauptschwierigkeit in der zuverlässigen Verankerung der Endoprothesen. Die andere Schwierigkeit ist noch die Unterdrückung der angreifenden Verknöcherung in den operierten Zwischenräumen (mit der Endoprothese drin).

Güsse,
Krolik
"Krolik" bedeutet "Rabbit", aber nur nicht auf Englisch! :-)
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Hallo Krolik,

bin gespannt auf die gesammelten Infos. Ich finde das Thema sehr interessant.

Gruß,

Karlson
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Aus der ersten Topic

Beitrag von Krolik »

BananaJoe hat geschrieben:Hallo Krolik,

von dem Problem das Du in deinem Beitrag beschreibst bin ich betroffen.
Ebenfalls rechergiere ich seit einigen Monaten deutschlandweit und bin bisher zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen.
...
Ich denke das Problem wird wohl mit keiner Methode wirklich zu beheben sein, da die Keilwirbel (Scheuermannkrankeit) nicht die nötige Statik zulassen.
– Bist Du tatsächlich von demselben Problem betroffen? Wie alt bist Du jetzt? Es gibt zwar gewisse Instabilität während der adoleszenten Kyphose (M. Scheuermann), solange man 18 Jahre alt nicht erreicht hat. Dann sollte sich die Wirbelsäule (bei korrekter und rechtzeitiger Therapie) selbst stabilisieren. Es gibt eine Menge Leute, die trotz offensichtlicher Keilwirbelbildung und restlicher Fehlstatik keinerlei Schmerzen noch andere Probleme haben. Daher sind die Keilwirbel im Kyphosenbereich der WS allein noch keine Katastrophe! :D

Um mögliche Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich den genauen Befund des in der ersten Topic als Beispiel angeführten Patienten konsequent beschreiben. Der Mann ist inzwischen 35 Jahre alt geworden, noch nicht operiert. Er leidet an negativen Folgen der adoleszenten Kyphose seit ca. 15 Jahren. Seine jetzige Diagnose lautet: thorako-lumbale Kyphose (54 Grad nach Cobb) mit Keilwirbelbildung (Th11-L1, u.a. > 10 Grad pro Grundplatte) und mehrsegmentaler Instabilität (Th11-L2); insb. Wirbelgleiten in Segment L1/2 (> 6 mm), krankhaft degenerierte und dehydrierte Bandscheiben Th11/12, L1/2, L2/3.
Zuletzt geändert von Krolik am Di, 28.03.2006 - 23:39, insgesamt 1-mal geändert.
"Krolik" bedeutet "Rabbit", aber nur nicht auf Englisch! :-)
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Für die erste Topic

Beitrag von Krolik »

seemannskiste hat geschrieben:erstmal finde ich es super dass du so viel zeit in die sache steckst!
Du meinst, "eines Tages gesteckt hattest"? (Ca. 20 Monate sind seither vergangen, wie?)
seemannskiste hat geschrieben:zur ersten klammermethode kann ich nur sagen, schwachsinn !
wenn das bei nem 15 jährigen angewendet wird, der bewegt sich zwanzig mal vor und zurück und die dornfortsätze sind abgeschruppt...
– Grundsätzlich hast Du recht. Diese Methode wird nur bei sehr alten Menschen (> 60) eingesetzt, die sich nicht mehr so viel bewegen. Ein voller Schwachsinn ist sie auch nicht, wenn man bedenkt, dass die Klammern nicht nur geringfügige Mobilität des Kyphosenbereichs zulassen, sondern auch den Rücken insgesamt begradigen. Ich möchte denken, dass das Implantieren solcher Klammern die restliche Krümmung auch bei den jungen Scheuermann-Patienten besser eliminieren kann, wenn sie sich in der Genesungsphase (17-18 Jahre alt) befinden. Da versteift sich der Kyphoseapex von allein; es könnten sich dabei aber die Verkrümmungsgrade deutlich verbessern und die Implantate tragen dann schließlich nicht mehr mit.
"Krolik" bedeutet "Rabbit", aber nur nicht auf Englisch! :-)
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Re: Operative Bekämpfung der Kyphose ohne Versteifung (?)

Beitrag von Riven »

obwohl oder gerade weil der Thread schon 7 Jahre alt ist. Hat jemand Informationen über neuere Entwicklungen, insbesondere bezüglich der von Krolik dargestellten experimentellen Ansätze. Wäre interessant, zu wissen, ob da irgendein Ansatz erfolgversprechend weiterentwickelt wurde.
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Stand 2013----74° (ohne mein zutun)
Gut gehalten :)
Therapie: Korsetttherapie abgebrochen,
Reha BaSa 02/03 2014
es war geil und vermiss die Leute echt :) (und die Quälerei^^)
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Re: Operative Bekämpfung der Kyphose ohne Versteifung (?)

Beitrag von Kaffeetrinker »

Wenn dieses so wäre würde es hier schon längst im Forum stehen^^
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