Erwachsenen-Korsette Auslöser für Progredienz?

Alles zur Korsett-Therapie für Jugendliche und Erwachsene bei Skoliose, Morbus Scheuermann, Kyphose ...
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Silas
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Beitrag von Silas »

Hallo Bommenate,

Du hast einen Bereich angesprochen, bei dem ich ebenfalls der Korsett-Therapie mit sehr gemischten Gefühlen gegenüber stehe:

Knöchern fixierte und teilfixierte Wirbelsäulen

Tatsächlich gelingt es nämlich durch qualitativ hochwertige Korsette Korrektur und Mobilisierung der WS zu erreichen. Steife Strukturen werden aufgebrochen und wieder beweglich.

Das ist genau der Fall, wo ich auch Erwachsene kenne, die zuerst ganz beglückt über die neu gewonnene Beweglichkeit waren und danach ganz bedrückt über das erneute Abrutschen der WS.

Ich denke, dass in dieser Diskussion von daher einige Tücken liegen, dass man aufpassen muss, wovon man redet:
Erwachsene mit ganz prima flexiblen WS (ja, so etwas gibt es auch), solche mit stark eingeschränkter Bewegungfähigkeit, die aber nicht knöchern fixiert ist, knöcherne Fixierungen... hinzu kommen dann noch entzündliche Prozesse und einige weitere Feinheiten.

Viele Grüße
Silas
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Karlson vom Dach
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Silas hat geschrieben: Das ist genau der Fall, wo ich auch Erwachsene kenne, die zuerst ganz beglückt über die neu gewonnene Beweglichkeit waren und danach ganz bedrückt über das erneute Abrutschen der WS.
Hallo Silas,

wiederspricht sich nicht das oben stehende Zitat mit Deinen bisherigen Beiträgen zum Thema? Ist es nicht genau das, was Dr. Steffan geschrieben hatte?

Viele Grüße,

Karlson
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Silas
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Beitrag von Silas »

Hallo Karlson,

nein, tut es nicht.

Ich bin von den eher normalen Fällen ausgegangen, dass man nämlich einen Erwachsenen mit einem Korsett versorgt, bei dem es noch nicht zu Verknöcherungen gekommen ist und wie Du lesen kannst, habe ich auch beschrieben, dass es genau einen Kontraindikation für ein Erwachsenenkorsett geben kann, nämlich dann, wenn bei bereits vorhandenen Verknöcherungen, die oft zu einem Stillstand führen, diese wieder gewaltsam aufgebrochen würden.

In allen anderen Fällen (und das die wahrscheinliche Variante), formt und stabilisiert ein Korsett die erwachsene Wirbelsäule in die gewünschte Richtung.

Bei Bechtis liegt die Situation übrigens nochmal ganz anders. Da wird ein Korsett auch bei Verknöcherungen positiv sein. Dort gibt es kein weiteres Abrutschen, sondern nur ein der Krankheit Entgegenwirken. Sollte mein Freund mit momentan peripher aktivem schwerem Bechterew irgendwann die typischen Symptome an der WS aufweisen, werde ich ihm sofort zu einem Rahmouni raten, um es erst gar nicht zu Verknöcherungen in ungünstiger Stellung kommen zu lassen.

Viele Grüße
Silas
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Karlson vom Dach
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Hallo Silas,

dann ist alles klar, bin einverstanden. Du meintest mit fixiert oder teilfixiert auf jeden Fall knöchern (teil)-fixiert. Falls es noch keine Spangenbildung gibt, halte ich ein Korsett für sinnvoll. Ich selbst habe auch eine fixierte WS (Schober/Ott = 0/1cm) und mir hat das Korsett prima geholfen, wobei es natürlich langsamer geht.
Silas hat geschrieben:In allen anderen Fällen (und das die wahrscheinliche Variante), formt und stabilisiert ein Korsett die erwachsene Wirbelsäule in die gewünschte Richtung
Grundsätzlich hast Du damit recht, wobei die Wirbel nicht mehr bei Erwachsenen verformt werden. Soweit ich weiß, wird beim Vorhandensein von Keilwirbeln eine Progredienz dieser gestoppt. Eine Ausnahme sollen hier die Rippen sein. Was mich interessieren würde, ob sich nicht sogar Keilwirbel bei einer Tragezeit von 23h UND dies über einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren wieder "korrigieren" lassen?
Silas hat geschrieben:Bei Bechtis liegt die Situation übrigens nochmal ganz anders. Da wird ein Korsett auch bei Verknöcherungen positiv sein.
Bist Du sicher? Ich hätte eher gedacht, daß hier bei Verknöcherungen kein Korsett mehr helfen kann (bei der komplett versteiften Bambus-WS). Ich denke, daß die abgeflachte Lordose und die Hyperkyphose vor diesem Endstadium entstehen. Ich glaube, daß eine Progredienz im Endstadium nur mit einer gleichzeitig auftretenden Osteoporose einhergeht. Letztere ist übrigens nicht selten, bin auch betroffen.
Silas hat geschrieben:mein Freund mit momentan peripher aktivem schwerem Bechterew
Was macht Dein Freund für eine Therapie? Ich hatte auch eine sehr starke periphere Gelenkbeteiligung, wobei diese zu 100% zurückgegangen ist. Ich würde Euch zwei zum Gedankenaustausch sehr gern einmal treffen...

Viele Grüße,

Karlson
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Beitrag von Silas »

Hallo Karlson,

zur Verformbarkeit von Knochen habe ich seitdem ich einen bösartigen Knochentumor überstanden habe einen ganz neuen Bezug gefunden. Es ist erstaunlich, welche Umbaumaßnahmen durch kleine statische Veränderungen ausgelöst werden. Bei mir haben damals ganze Halswirbel und noch erstaunlicher der gesamte Oberschenkelknochen interessante Formen angenommen, was allein durch eine anders geartete Belastung ausgelöst wurde.

Mein Freund hat mit Methotrexat eine deutliche Besserung erzielen können, v. a. was die sich zuvor häufenden Iritiden betrifft (er nimmt allerdings auch nur 10 - 20 mg pro Woche... wenn ich mich an die Dosen bei der Chemo erinnere ist das total wenig und wie sich zeigt auch ohne Nebenwirkungen).

Ganz gravierend war sein Knie betroffen, nachdem er sich quasi täglich punktieren lassen musste, war die operative Entfernung aller Schleimhäute die einzige Möglichkeit. Aber selbst das half nichts... sein Knie schwoll immer wieder an und die Ansammlungen an Antikörpern drohten auszukristallisieren und das Knie zu versteifen, wieder Punktionen und dann folgte eine Radiosynoviorthese mit Yttrium. Seither hat er mit den ständigen Ergüssen Ruhe, aber da keine Gelenkschmiere mehr vorhanden ist, macht ihm zunehmend die Arthrose des Kniegelenks zu schaffen.

Zudem sind bei ihm permanent Hüftgelenke, Rippenfell und Schultergelenke sehr schmerzhaft betroffen, neben einigen anderen wechselnden Schmerzpunkten. Neben MTX nimmt er Cortison und Diclofenac.

Beim nächsten Besuch in der Uni-Klinik Mainz wird er die behandelnden Ärzte auf Enbrel ansprechen, was ihm in Bad Rappenau empfohlen wurde und wozu seine ehemals behandelnde Ärztin eine interessante Studie durchgeführt hat - die Frage wird v. a. sein, ob die KK die Kosten für dieses teure Medikament trägt.

Sollte sich sein Zustand drastisch verschlechtern, wird eine Therapie mit Remicade erwogen, dies will man sich aber für den Notfall aufsparen.

Wir würden uns auch freuen, Dich persönlich kennenzulernen. Mein Freund wird bald im Raum Ludwigshafen / Mannheim Zuhause sein und ich bei Schwäbisch Gmünd. Vielleicht ergibt sich auch bei Rahmouni mal die Gelegenheit.

Viele Grüße
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Beitrag von Bommenate »

Hallo Karlson,

[equote="du hast geschrieben"]Falls es noch keine Spangenbildung gibt, halte ich ein Korsett für sinnvoll. [/equote]
Was ist eine Spangenbildung und wie kann ich die auf dem Röbi erkennen???

Bommi
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Silas
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Beitrag von Silas »

Hallo Bommenate,

Spangenbildungen oder Syndesmophyten bei Bechtis sind parallel zur WS aus dem äußeren Teil des Faserrings der Bandscheiben und dem unteren Längsband herauswachsende und verknöchernde Veränderungen, die im Spätstadium den Zwischenwirbelraum knöchern überbrücken und so zur Versteifung der Wirbelsäule führen.

Im Röbi sieht man die Verkalkung des Längsbandes (das ist das stärker weiss) und man erkennt, dass die Wirbelkörper eben über knöcherne Brücken verbunden sind, wobei die Ärzte dann von Bambusstabwirbelsäule sprechen.

Diese Art von Spangenbildung ist übrigens von degenerativen Spangenbildungen, wie sie z. B. bei M. Scheuermann der Fall ist zu unterscheiden.

Auf folgendem Bild siehst Du, was Karlson gemeint hat:
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Beitrag von Bommenate »

Hallo Silas,

vielen Dank für deine Ausführungen. Bei dem seitlichen Röbi ist das sehr schön nachvollziehbar. Können alle diese Spangenbildung erfahren oder beschränkt sich das auf M. Scheuermann und M. Bechterew???

Leider habe ich ein Röbi von hinten (von der Seite wäre das ja dann einfacher erkennbar) und sehe da in der BWS eine feine weiße Linie, die wie eine Straße aussieht. Die Wirbel liegen aber auf Grund der hohen Krümmung an der Innenseite der Krümmung aufeinander und sind "verknöchert". Im oberen Bereich bricht die Verknöcherung schon auf (nach 4 Wochen Korsett und wenig Tragzeit). Tja, ist das nun verknöchert oder bereits mit Spangenbildung??? :nixweiss: Dr. Hoffmann sprach auf jeden Fall von Verknöcherung und hat mir die feine weiße Linie gezeigt. (siehe Bild im Korsett unten)

[equote="Karlson hat an dich geschrieben"]Du meintest mit fixiert oder teilfixiert auf jeden Fall knöchern (teil)-fixiert. Falls es noch keine Spangenbildung gibt, halte ich ein Korsett für sinnvoll.[/equote]
Also soll das heißen, dass verknöchert noch in Ordnung ist und mit Korsett ein Therapie erfolgen kann, aber bei Spangenbildung nicht?!?!?! :confused: So oder so wird doch eine Verknöcherung und somit Versteifung aufgehoben und bei jedem kann es passieren, dass man ins Negative zurücksackt. Selbst die, die nicht verknöchert sind, laufen somit Gefahr, durch geringe Tragezeit die WS so zu mobilisieren, dass sie absacken kann, aber nicht muss!!! Die Gefahr ist natürlich mit einer konsequenten Tragezeit von 23 Stunden gebannt.

Das finde ich alles sehr verwirrend und auch beunruhigend!!!

Es wäre schön, wenn sich Dr. Steffan wieder an der Diskussion beteiligen würde, da er schließlich mit seinem Statement der Auslöser dieser Diskussion ist. :ja:

Bommenate
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Karlson vom Dach
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Bommenate hat geschrieben:[equote="Karlson hat an dich geschrieben"]Du meintest mit fixiert oder teilfixiert auf jeden Fall knöchern (teil)-fixiert. Falls es noch keine Spangenbildung gibt, halte ich ein Korsett für sinnvoll.[/equote]
Also soll das heißen, dass verknöchert noch in Ordnung ist und mit Korsett ein Therapie erfolgen kann, aber bei Spangenbildung nicht?!?!?!
Hallo Bommenate,

ich habe in Eurem Wahnsinnsbeitrag eben verzweifelt nach Deinen Werten gesucht und bin auf Seite 23 fündig geworden:
BWS von 110° auf 94°! Damit ist doch alles klar, die WS kann nach meiner Meinung nicht richtig verknöchert (Spangen) sein und geht auf! Beim ersten Kontrollröntgen wurde meine leichter zu korrigierende Kyphose nur um 11° aufgerichtet, wobei es inzwischen 30° sind! Also, mach Dich nicht verrückt, scheint alles "im Lot" oder bald ( ;) ) zu sein.
Oh je, hoffentlich liest Du das noch...

Hallo Silas,

Dein Freund scheint wirklich eine schwere Form zu haben, wobei es bei mir ähnlich war. Auch bei mir wurden beide Kniee punktiert und es waren eine ganze Reihe periphere Gelenke betroffen.

Bei den Gelenken außerhalb des Achsensystems soll die Basistherapie mit Sulfasalazin manchmal helfen. (Mache ich: 2-0-2) Vor MTX hätte ich mehr Respekt. Beide Medikamente wirken sich negativ auf den Folsäurespiegel (ein B-Vitamin) aus, weshalb ich hier ergänzen würde.

In welcher Form nimmt er das Cortison? Ich würde hier bei einer Daueranwendung mit Cortison vorsichtig bezüglich Osteoporose sein, für die bei MB so wie so ein höheres Risiko besteht. Ich habe bei der Punktion auch einen Cortison-Stoß direkt in beide Knie bekommen und habe jetzt seit einem 3/4Jahr totale Ruhe und überhaupt keine Bewegungseinschränkung mehr.

Zu Remicade und Enbrel: Beides sind TNF-Alpha-Blocker und schlagen mit ca. 25T€ jährlich zu Buche. Diese sind erst seit ein paar Jahren in Deutschland zugelassen und es gibt beachtliche Erfolge. Die Kassen müssen das übernehmen, wenn mindestens 2 NSAR in max. Dosierung nicht angeschlagen haben.

Ich weiß nicht, warum ich die Entzündungen/Probleme los geworden bin oder ob einfach nur ein Schub zu Ende gegangen ist. Vielleicht waren es auch Korsett, Sulfasalzin, Dicofenac und Schroth-Kg. Oder: die massive Einnahme von Lebertran und Fischöl, d. h. Omega-3-Fettsäuren, die entzündungshemmend wirken. Ich kann Dir dazu auch das Buch "Fitt mit Fett" empfehlen, dessen Stil zwar furchtbar ist, Du lernst aber einiges über die Wirkung von Fetten. Was mich zum Nachdenken angeregt hat war die Aussage, daß Eskimos so gut wie kein Rheuma haben, und die ernähren sich oft von fetten Kaltwasserfischen.
Die Produkte gibt es in der Apotheke in Literflaschen; ich nehme morgens mit zugehaltener Nase ein Schnapsglas Lebertran/Fischöl (50/50) und abends ein Gläschen Fischöl. Mit dem Lebertran möchte ich es nicht übertreiben, da dieser viel Vitamin A und D enthält, die fettlöslich sind. Da die mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht stabil gegen Oxidation sind, würde ich täglich mit max. 200mg Vitamin E ergänzen, da daß gegen die Oxidation schützt. Diese nebenwirkungsfreie Therapie möchte ich Deinem Freund dringend empfehlen, es dauert allerdings etwas bis es wirkt und die anderen Fette aus den Zellen verdrängt worden sind (Omega3 und Omega6 sind Antagonisten und wirken ähnlich wie Hormone).

Zum Rest schicke ich Dir ein PN.

Viele Grüße,

Karlson
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Beitrag von froggie71 »

... auch wenn ich nicht wirklich viel dazu beitragen kann...:
Sehr interessante Diskussion, die ihr da habt. Da hat Dr. Steffan ja einen mächtigen Brocken ins Rollen gebracht! Momentan muss ich erst mal alles in meinem Kopf sortieren. Zum einen kann ich die Einwände von Dr. Steffan nachvollziehen, zum anderen sind eure Erfahrungen und Einschätzungen als "USER" wohl auch nicht von der Hand zu weisen. Ich bin mal wirklich sehr gespannt, wo dieses Thema noch hinführt. Wie auch immer es ausgehen mag - man muss ja auch immer die ganz eigenen Umstände und Voraussetzungen in Betracht ziehen: Ich wünsche euch, dass ihr auch in Zukunft positive Bilanzen ziehen könnt und nicht aufgebt!
Alles wird gut!
Lieber Gruß in die Runde.
froggie :jump:
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Beitrag von Bommenate »

Karlson hat geschrieben:ich habe in Eurem Wahnsinnsbeitrag eben verzweifelt nach Deinen Werten gesucht und bin auf Seite 23 fündig geworden:
BWS von 110° auf 94°!
Oh, du Ärmster..... du brauchtest dich da gar nicht durchwühlen.... hatte ich bereits hier im Thread am Ende von Seite 1 erwähnt. Ich sollte mich eben demnächst kürzer fassen, sonst gehen solche Info´s unter. Ich werde mich bemühen :ja: .

Bommenate
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Beitrag von Silas »

Hallo Bommenate,
Bommenate hat geschrieben: Bei dem seitlichen Röbi ist das sehr schön nachvollziehbar. Können alle diese Spangenbildung erfahren oder beschränkt sich das auf M. Scheuermann und M. Bechterew???
... oh je, das Bild hat durch das Downsizen ganz schön gelitten, man sieht leider einige Dinge gar nicht mehr so gut...

Also, diese spezielle Art der Spangenbildung (Syndesmophyten) ist ein zweifelhaftes Privileg von Bechtis und einigen anderen rheumatischen bzw. entzündlichen Erkrankungen, die die WS befallen.

Bei M. Scheuermann läuft die Spangenbildung grundsätzlich anders ab, es handelt sich dabei um degenerative Langzeitreaktion auf Fehlbelastung. Hauptsächlich wird das durch Einbrechen der Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper und darin eindringendes Bandscheibengewebe ausgelöst. Die Bandscheiben werden immer schmaler oder verschwinden irgendwann ganz und verlieren ihre Pufferfunktion, die zackeligen Wirbel reiben aufeinander und es bilden sich Fortsätze an den Wirbelkörpern, die sich miteinander verbinden und die Wirbelsäule verknöchern lassen (Spangen).
Bommenate hat geschrieben: Leider habe ich ein Röbi von hinten (von der Seite wäre das ja dann einfacher erkennbar) und sehe da in der BWS eine feine weiße Linie, die wie eine Straße aussieht. Die Wirbel liegen aber auf Grund der hohen Krümmung an der Innenseite der Krümmung aufeinander und sind "verknöchert". Im oberen Bereich bricht die Verknöcherung schon auf (nach 4 Wochen Korsett und wenig Tragzeit). Tja, ist das nun verknöchert oder bereits mit Spangenbildung??? :nixweiss: Dr. Hoffmann sprach auf jeden Fall von Verknöcherung und hat mir die feine weiße Linie gezeigt. (siehe Bild im Korsett unten)
Nein, bei so schweren Skoliosen wie Deiner erkennt man das auch in der a.p.-Aufnahme gut, oft sogar besser als in der sagittalen Aufnahme, da die Verknöcherungen meist an den Facettengelenken und seitlich an den Wirbelkörpern entstehen (an der Konkavseite), wo die Verkrümmung die Bandscheiben verschlissen und die Wirbelkörper aufeinander gepresst hat.

Leider ist der obere Bereich sehr schlecht zu erkennen, man sieht aber, dass die Wirbelabstände nur minimalst sind, degenerative Veränderungen sind definitv vorhanden.

Etwa auf der Höhe des "R" sieht man auch, dass es deutliche Verknöcherungen gibt und das die halbwegs sichtbaren Wirbelkörper samt Bandscheiben (so noch vorhanden) ihren Schaden weg haben, wobei es schwierig zu beurteilen ist. Zum einen verdeckt die Metallstrebe einen Teil der WS, zum anderen ist alles oberhalb der rechten Pelotte sehr undeutlich, zusätzlich müsste man auch eine Bendingaufnahme haben, um zu sehen, wie weit das Ausmaß der Verknöcherung ist.

Falls diese Aufnahme im Original (d. h. nicht downgesized) besser erkennbar ist, kannst Du mir diese auch gerne per Mail schicken.

Was ist nicht ganz nachvollziehen kann ist, dass im LWS-Bereich eine Verknöcherung sein soll? Die Dornfortsätze stellen sich etwas kontrastreicher dar, ich glaube aber eher, dass das an der Aufnahmetechnik liegt als an Verknöcherungen, da die Zwischenwirbelabstände dort noch gut aussehen (um das näher beurteilen zu können, bräuchte man dann die Saggitalaufnahme).

Andererseits denke ich nicht, dass Du schon eine sehr robuste Verknöcherung haben kannst, sonst würde sich nicht nach so kurzer Zeit etwas tun.

In diesem Fall kann eine Korsett-Therapie sicher noch etwas bringen, zumal dann die überlasteten Bereiche durch das Korsett entlastet werden. Wichtig ist außerdem, dass das Muskelkorsett passend dazu trainiert wird.

Bei Patienten, bei denen sich robuste Spangen gebildet haben und bei denen nach z. B. einem Jahr die WS langsam anfängt sich teilweise zu lösen, wobei die WS vorher durch die Verknöcherungen stabilisiert war (d. h. keine Verschlechterung mehr), kenne ich Fälle, dass dann die WS erneut wieder weiter abgekippt ist.

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Beitrag von Silas »

Hallo Karlson,
Karlson vom Dach hat geschrieben: Dein Freund scheint wirklich eine schwere Form zu haben, wobei es bei mir ähnlich war. Auch bei mir wurden beide Kniee punktiert und es waren eine ganze Reihe periphere Gelenke betroffen.
Er hat - zumindest noch - das Glück, dass seine Wirbelsäule so gut wie gar nicht betroffen ist.
Karlson vom Dach hat geschrieben: Bei den Gelenken außerhalb des Achsensystems soll die Basistherapie mit Sulfasalazin manchmal helfen.
Hatte bei ihm vor Jahren leider überhaupt nicht angeschlagen, vielleicht sollte er es nochmal probieren.
Karlson vom Dach hat geschrieben: Vor MTX hätte ich mehr Respekt. Beide Medikamente wirken sich negativ auf den Folsäurespiegel (ein B-Vitamin) aus, weshalb ich hier ergänzen würde.
Tut er mittlerweile auch, das MTX musste allerdings sein, da er ohne alle Paar Wochen eine Iritis bekam und dass seine ohnehin schon eingeschränkte Sehkraft, noch weiter zurückgeht, ist für ihn die schlimmste Vorstellung.
Karlson vom Dach hat geschrieben: In welcher Form nimmt er das Cortison? Ich würde hier bei einer Daueranwendung mit Cortison vorsichtig bezüglich Osteoporose sein, für die bei MB so wie so ein höheres Risiko besteht. Ich habe bei der Punktion auch einen Cortison-Stoß direkt in beide Knie bekommen und habe jetzt seit einem 3/4Jahr totale Ruhe und überhaupt keine Bewegungseinschränkung mehr.
Er nimmt jeden Tag morgens Cortison, die Dosierung weiss ich jetzt nicht genau, es ist aber eine recht geringe. Er nimmt seit nunmehr 18 Jahren Cortison, aber ohne diese Grundbehandlung brechen die Entzündungsherde an immer mehr Gelenken aus und verstärken sich an den dauerhaft betroffenen, zudem ist es ein guter Schmerzhemmer.
Karlson vom Dach hat geschrieben: Zu Remicade und Enbrel: Beides sind TNF-Alpha-Blocker und schlagen mit ca. 25T€ jährlich zu Buche. Diese sind erst seit ein paar Jahren in Deutschland zugelassen und es gibt beachtliche Erfolge. Die Kassen müssen das übernehmen, wenn mindestens 2 NSAR in max. Dosierung nicht angeschlagen haben.
Tja, das ist genau das Problem, mit Cortison und Diclo kommt er nämlich halbwegs hin, andererseits könnte man das Cortison und vielleicht auch das Diclo komplett weglassen, was wiederum gut für seine bereits angegriffene Knochenstruktur und die belasteten Nieren wäre.
Bei seinem nächsten Besuch in der Uni-Klinik wird er das Thema jedenfalls ausführlich durchsprechen.
Karlson vom Dach hat geschrieben: Ich weiß nicht, warum ich die Entzündungen/Probleme los geworden bin oder ob einfach nur ein Schub zu Ende gegangen ist. Vielleicht waren es auch Korsett, Sulfasalzin, Dicofenac und Schroth-Kg. Oder: die massive Einnahme von Lebertran und Fischöl, d. h. Omega-3-Fettsäuren, die entzündungshemmend wirken. Ich kann Dir dazu auch das Buch "Fitt mit Fett" empfehlen, dessen Stil zwar furchtbar ist, Du lernst aber einiges über die Wirkung von Fetten. Was mich zum Nachdenken angeregt hat war die Aussage, daß Eskimos so gut wie kein Rheuma haben, und die ernähren sich oft von fetten Kaltwasserfischen.
Die Produkte gibt es in der Apotheke in Literflaschen; ich nehme morgens mit zugehaltener Nase ein Schnapsglas Lebertran/Fischöl (50/50) und abends ein Gläschen Fischöl. Mit dem Lebertran möchte ich es nicht übertreiben, da dieser viel Vitamin A und D enthält, die fettlöslich sind. Da die mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht stabil gegen Oxidation sind, würde ich täglich mit max. 200mg Vitamin E ergänzen, da daß gegen die Oxidation schützt. Diese nebenwirkungsfreie Therapie möchte ich Deinem Freund dringend empfehlen, es dauert allerdings etwas bis es wirkt und die anderen Fette aus den Zellen verdrängt worden sind (Omega3 und Omega6 sind Antagonisten und wirken ähnlich wie Hormone).
Danke für die vielen guten Tipps, die gebe ich doch nachher direkt weiter, vielleicht hilft es ihm ja auch. (na ja, und ihm beim einnehmen zuzusehen dürfte gemäß Deiner Beschreibung auch erheiternd sein :D )

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Beitrag von Claudielle »

Aber bewirkt denn Schroth nicht auch eine Lockerung der Strukturen???

Wie ich bereits an anderen Stellen hier im Forum schrieb, habe ich, seit ich es mit Schroth probiert habe, ständig Druck an der Vorderseite, immer da, wo ich mich entdrehe, kann ich die Weite nicht halten und falle (bei bestehender BWS-Kyphose/Scheuermann, Kielbrust und leichterer Skoliose) wieder zusammen. Dabei könnte ich mich zwar nach meinem Gefühl an HWS und LWS halten, aber nicht in der BWS. So stimmt nach meinem Gefühl das Verhältnis immer nicht, habe ständig Druck- und Krampfgefühle vorne. Für mich fühlt sich alles total gelockert an, so daß ich nur noch am Aus- und Eindrehen und Hin- und Herkippen (sowohl nach vorne als auch zur Seite) bin. Daneben fühle ich im entdrehten Zustand ständig die Eindreh-Fältchen, insbesondere eben an den Wendepunkten und Gelenken an der Vorderseite. Ich wünschte manchmal, ich hätte Schroth nie kennengelernt, weil es mir ein völlig anderes Gefühl von "gerade" gegeben hat, dieses "neue GErade" kann ich aber nicht halten. Füher habe ich es auch gar nicht so intensiv versucht, mich weit und aufrecht zu halten, habe ständig angelehnt oder mit aufgestützten Ellenbogen gesessen. Nun weiß ich zwar theoretisch wie, aber dieses immer wieder versuchen führt bei mir offensichtlich zu noch unangenehmerern Beschwerden als vorher. Ich finde auch nicht mehr die Position von früher, mit der ich mich wenigestens bequem anlehnen konnte, in meine alte Mittelstellung, die ich mit den schrägen Bauchmuskeln aufrecht halten konnte, komme ich irgendwie auch nicht mehr rein. Ein TEufelskreis! Ich komme nicht mehr aus diesem Drehen heraus!

Würde in meinem Fall vielleicht eher so ein stützendes Korsett, von dem Dr. Steffan schreit, helfen??? Ich glaube, zur Zeit sehe ich mich nicht in der Lage, Schroth intensiv weiter zu betreiben, auch wenn mein Kopf mir ständig sagt "strecken" - m. E. führt das bei mir zu diesen schrecklichen Reizungen. Kann es sein, daß die BWS-Wirbelkörper bei dem Streckprozeß irgendwie nicht mitspielen?
Claudielle
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Hallo Silas,

zu Deinen Ausführungen für Bommenate kann ich mitgehen, nur das folgende verstehe ich nicht:
Silas hat geschrieben:Bei Patienten, bei denen sich robuste Spangen gebildet haben und bei denen nach z. B. einem Jahr die WS langsam anfängt sich teilweise zu lösen, wobei die WS vorher durch die Verknöcherungen stabilisiert war (d. h. keine Verschlechterung mehr), kenne ich Fälle, dass dann die WS erneut wieder weiter abgekippt ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich ein verknöcherter Wirbel, der "richtig" zusammengewachsen ist, wieder lösen soll. Oder meinst Du hier etwas anderes?
Warum sollte die WS weiter abkippen? Stützt Du hier nicht die Aussage von Dr. Steffan?

Übrigens, Hut ab :tach: , wie Du Röntgenbilder "lesen" kannst.
Silas hat geschrieben:na ja, und ihm beim einnehmen zuzusehen dürfte gemäß Deiner Beschreibung auch erheiternd sein
Bah, wat hasse für eine fiese Charakter ;)

Viele Grüße,

Karlson

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Beitrag von froggie71 »

Tach zusammen!
Nachdem ich seit 2 Tagen mit einem "Infektus delicti" flachliege, habe ich heute wieder Zeit und Muse, die Diskussion weiter zu verfolgen. Vielen Dank für die willkommene Abwechslung! Im Bett bzw. auf der Couch herumliegen ist irgendwie so gar nicht meins... Aber so kann ich mich wenigstens intensiv dem Forum widmen.
Karlson vom Dach hat geschrieben: Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich ein verknöcherter Wirbel, der "richtig" zusammengewachsen ist, wieder lösen soll.
Für mich klingt das auch so, als ob etwas, was sozusagen "zusammengewachsen" ist, wieder gebrochen wird, oder verstehe ich da was falsch??? Das kann ja dann wirklich nicht im Sinne des Erfinders sein oder?? Andererseits hört man doch auch hin und wieder, dass wenn bspw. Knochen falsch zusammengewachsen sind, diese wieder gebrochen werden und anschließend die Fehlstellung durch eine Fixierung mittels Platten, Schrauben etc. wieder korrigiert wird.
Um das mal auf die WS zu reflektieren: die Verknöcherung der WS wird aufgebrochen und dann mittels Korsett fixiert und in die richtige Richtung gebracht ??? Besteht denn die Möglichkeit, dass das ganze dann in Korrektur wieder "versteift bzw. verknöchert"? Da dieser Prozess eher sehr langwierig ist, kann ich mir das nur schwer vorstellen. Also dann doch Korsett bis zum "umfallen"?
Huch, das ist wirklich alles sehr verwirrend... Aber ich werde tapfer weiterlesen!
Liebe Grüße.
froggie :jump:
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Beitrag von Silas »

Hallo Karlson,

ganz recht, in diesem einen Punkt, der aber ein Ausnahmefall ist, habe ich Dr. Steffans Beobachtungen ebenfalls bereits gemacht.

Ich halte es übrigens für einen besseren Stil, über die Regelfälle zu diskutieren, statt sich durch zitieren von Extremfällen aus der Diskussion zurückzuziehen.

Genauso effizient wäre die Diskussion über halbwirbelbedingte skoliotische Fehlhaltungen, die Rahmouni auch mit Korsett versorgt, wodurch aber auch der Halbwirbel nicht verschwindet.

Ich will diesen Fall kurz beschreiben, dann wird klar, was sich da zugetragen hat.

Bei dieser Patientin hatten sich Knochenspangen gebildet, wobei man sich das als zarte Brückchen zwischen den Wirbelkörpern vorstellen muss. Gerade wenn die Verknöcherung noch nicht so weit fortgeschritten ist, sind diese nämlich alles andere als massiv. Es ist nämlich (wieder von Ausnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern abgesehen) nicht so, dass gleich mal der gesamte Wirbelkörper und der Wirbelbogen mit den Nachbarwirbeln zu einem Block verwächst und sich diese dann maximal mit Hammer und Meißel lösen lassen.

Solche Verknöcherungen sind also recht zarte Geschöpfe, die aber durchaus in der Lage sind, eine Krümmungszunahme aufzuhalten, eine progrediente Verkrümmung kommt also u. U. zum Stehen.

Jetzt bekommt diese Patientin ein Korsett, was sie kräftigst streckt und drückt, ein Korsett, was sogar in der Lage ist, solch massive Knochen wie Rippen zu brechen.
Sie trägt das Korsett regelmäßig, weil es ihr gut tut, die Zwischenwirbelräume werden vergrößert, die Krümmung wird begradigt - wo dies eben zugelassen wird. Die Knochenspangen lassen das aber anfangs nicht zu, es kommt dennoch immer mehr Bewegung in die WS, die Streckung und Begradigung übt immer mehr Druck auf diese kleinen knöchernen Brückchen aus, nach und nach halten diese der Belastung nicht mehr stand, sie brechen auf und es kommt wieder richtig Bewegung in die Wirbelsäule, die Zwischenwirbelräume vergrößern sich ordentlich die Begradigung ist besser, als je erhofft und Arzt und Patientin sind begeistert vom Ergebnis.

Leider hat die Patientin nie irgendwas für die Muskulatur getan (oder zu wenig - und die wenigsten Erwachsenen haben Lust und Zeit dazu). Der Arzt sagt ihr nun, wie toll alles sei und dass sie das Korsett nicht länger brauche.

Beglückt landet das Teil im gelben Sack und keiner hat daran gedacht, dass die Bandscheiben total hinüber sind und nur das Korsett diese tollen Zwischenwirbelabstände geschaffen hat. Außerdem ist die Muskulatur nicht geschult, d. h. die Patientin hängt schlaff herum, wie eh und je und von rückengerechtem Alltag keine Spur.

Folge: Die WS sucht sich wieder die altgewohnte Fehlhaltung, bekommt zunächst noch Widerstand durch die nun verkürzten Bänder und Muskel, bald sind aber auch diese wieder ausgeleihert und die Patientin hat wieder ihre progrediente WS-Verkrümmung und die Schmerzen zurück. Dadurch erreich sie nach einigen Jahren sogar eine größere Krümmung als vorher.

Das ist aber - wie gesagt - nicht der Regelfall. Ich kenne zumindest keine Erwachsene 30° - 40° Skoliose mit Spangenbildung und das bei Dr. Steffan nur Exoten eine Reha machen, kann ich mir auch nicht ganz vorstellen.

Viele Grüße
Silas
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Karlson vom Dach
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Beitrag von Karlson vom Dach »

Hallo Silas,

ich finde nicht, daß die Verknöcherungen in der Folge von Fehlhaltungen hier Einzelfälle sind, im Forum kommt es doch immer wieder vor. Ich gebe Dir recht, daß eine Verknöcherung aufgrund einer Fehlhaltung letztere ziemlich ausgeprägt sein muß, damit es zu dieser Veränderung kommt.

Ich persönlich sehe in diesem Fall den Unterschied nicht oder nur bedingt: Keilwirbel sind ausgeprägter etc.
Aber ist es nicht so, daß bei Erwachsenen die Korsetttherapie nicht sowieso eine lebenslange Therapie darstellt, die durch Schroth ergänzt werden sollte? Die Intensität hängt für mich u. a. von der Ausgangskrümmung ab.
In dem beschriebenen Fall hätte nicht abgeschult werden dürfen (zumindest nicht von heute auf morgen), ferner wäre Schroth und ws-gerechtes Verhalten im Alltag angebracht gewesen. Durch langes ("langes", also den Zeitraum, möchte ich nicht näher definieren) Tragen des Korsetts müßte sich die WS doch in der neuen, korrigierten Lage, wieder festigen. Den Einfluß der als von Dir beschädigt beschriebenen Bandscheiben kann ich nicht berücksichtigen, da ich nicht das Ausmaß kenne und nicht weiß, in wie weit sich diese wieder regenerieren können.

Wo ich mir nicht sicher bin, ob die "verknöcherte" Krümmung nicht auch noch Progredient gewesen wäre (sicherlich nicht so ausgeprägt wie vorher, in diesem Fall ist die verstärkte Progredienz für mich nachvollziehbarer).


Viele Grüße,

Karlson

P.S.: Froggie, gute Besserung.
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Beitrag von Bommenate »

Hallo Silas,

vielen Dank für deine Ausführungen!!! Bin jetzt aus dem Urlaub zurück und habe alles mal kurz überflogen. Werde ich aber noch zum besseren Verständnis genauer lesen.

Meine LWS ist übrigens nicht verknöchert. Deswegen komme ich ja auch auf so eine super Korrektur im Korsett (von 104° auf 60°). Nur die BWS ist verknöchert (und das reicht mir schon :rolleyes: )

Auf dein Angebot zu den Röbi´s komme ich gerne zurück. Schicke dir dazu eine PN!!!

Viele Grüße,

Bommi
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Beitrag von Bommenate »

Hallo Silas,

jetzt habe ich alles noch mal gelesen und mir ist dazu noch was eingefallen.

[equote="du hast geschrieben"]zusätzlich müsste man auch eine Bendingaufnahme haben, um zu sehen, wie weit das Ausmaß der Verknöcherung ist. [/equote]
Die hat Dr. Hoffmann auch gemacht, aber davon habe ich kein Bild. Ich weiß auch nicht, ob ich mich da richtig hingestellt habe, ich bin den Anweisungen der Röntgenfachkraft gefolgt :ja: . Laut Dr. Hoffmann geht auf Grund der Bendingaufnahme da gar nichts mehr, eine Korrektur ist nur mit OP möglich. Aber bereits 4 Wochen später mit Korsett und wenig Tragezeit ist ein Teil der BWS aufgebrochen. Immerhin von 110° auf 94°. Also geht da doch was. Ich persönlich sehe das als leichte Verknöcherung, da die Wirbel aneinander liegen und die Bandscheiben nach außen (konvex) weichen. Sozusagen eine eigene Stütze. Aber noch nicht sooooo gefestigt, weil sie dem Korsettdruck weicht und nachgibt.

Bommenate
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