Korrektur Korsett ausreichend

[Amsterdam]

Hallo,
meine Tochter hat eine Skoliose, die sich ein einem Jahr massiv verschlechtert hat. BWS von 38 auf 47 Grad, LWS von 43 auf 46 Grad. Das neue Korsett von Sanumed korrigiert auf 32 und 30 Grad. Hier im Forum habe ich gelesen, dass ein Korsett mindestens 50% korrigieren sollte. Wenn sie das Korsett nicht mindestens 18 Stunden trägt, sollten wir uns jetzt für eine OP entscheiden. Meine Tochter ist 14 1/2 Jahre alt.

Bin etwas ratlos und würde mich über Rückmeldungen freuen.

[kiki68]

Hallo,
grundsätzlich hört sich dies nicht nach einer gewünschten optimalen Korrektur an.Bevor jedoch die Korsett-Therapie komplett in Frage gestellt oder am aktuellen Korsett gezweifelt wird, würde ich ein intensives Arzt-Gespräch suchen.Ggf ist die Ausgangslage nicht optimal, so dass bereits eine geringe Korrektur und somit das Vermeiden einer weiteren Verschlechterung, schon als Behandlungserfolg angesehen wird. Sicher nicht das,was man sich persönlich vorstellt, aber manchmal führen auch kleine Schritte zum Erfolg........es kann aber auch ganz andets sein,nämlich dass das Korsett nicht gut ist.Aber auch hier würde ich meine Sorgen an den Arzt richten und so lange nachhaken,bis das Bauchgefühl stimmt......ich wünsche euch,dass ihr eine gute medizinische Aussage zu euren Sorgen bekommt....

[Nelly]

Hallo,

warum sollte man sich schon mit 14 für eine OP entscheiden?
Meine 14 jährige Tochter hat ein paar Grad mehr als deine und wir werden das mit Korsett so lange rauszögern wie möglich.
Wir haben in 2 Wochen einen Termin bei Rahmouni und Dr. Hofmann zum Röntgen mit und ohne Korsett...
Das alte hat auch nur 10° verbessert, aber es ist immerhin nicht schlimmer geworden.

Gerade Jugendliche sind für eine OP sehr schnell zu haben, weil sie dann kein Korsett tragen müssen.
Meine Tochter wollte das vor der Reha auch noch, danach nicht mehr, da sie sehr gründlich darüber aufgeklärt wurde.

2 Jahre würde ich es auf jeden Fall noch mit Korsett, Reha und Schroth-Therapie versuchen, wenn Deine Tochter mitspielt.

LG
Nelly

[Matthias]

Die Korrektur hört sich wirklich nicht sehr gut an. Wurde da etwas von Arzt oder Korsettbauer dazu gesagt. Fanden die das ausreichend, oder können/kennen die es nicht besser. Ihr solltet mehr Korrektur verlangen wenn Eure Tochter auch bereit ist das Korsett ausreichend zu tragen.
Eine OP ist immer die letzte Option.
Eventuell solltet ihr Euch eine zweite Arztmeinung einholen.
Viele Grüße
Matthias

[SisTa]

Hallo,

wenn man bedenkt, dass manche Korsettbauer (bei "beweglichen" Skoliosen) eine Korrektur gegen 0° und sogar eine Überkorrektur hinkriegen, solltet ihr dringend etwas ändern. Entweder das Korsett, den Korsettbauer oder den Orthopäden!
Mit 14,5 Jahren sollte eure Tochter - im Normalfall - noch nicht so versteift sein, dass keine gescheite Korrektur möglich ist.

[Amsterdam]

Vielen Dank für die vielen Rückmeldungen. Dr. Steffan und die Sanumed Korsettbauer meinen die Korrektur sei ok, da meine Tochter auch viele Schmerzen im Korsett und ohne hat, ist vielleicht auch dem Rechnung getragen. Mit der Tragedauer von 18 Stunden, täglich Schroth-Gymnastik, viel Sport, erneute Reha in Bad Sobernheim soll die weitere Verschlechterung aufgehalten werden. Wenn wir so weitermachen wie bisher, Tragezeit 14-16 Stunden, wird sich die Skoliose wahrscheinlich weiter verschlechtern.

[Lilly]

Hallo!

Erst einmal: ich würde alles, was in meinen Möglichkeiten steht, erst ausprobieren, für mich persönlich wäre die OP die allerletzte Option. Es ist natürlich Mist, dass Deine Tochter Schmerzen hat und das trotz und mit Korsett. Für ein Aufhalten der Progredienz scheint das Korsett allem nach, was ich gelesen habe und informiert bin, zu wenig zu korrigieren.
Wenn es meine Tochter wäre, würde ich auch Möglichkeiten wie Osteopathie, Dorn + Dynamische Wirbelsäulentherapie nach Popp (Dorn allein reicht nicht), Craniosacrale Therapie, Rolfing o.ä. ausprobieren. Natürlich nicht alles auf einmal. Da muss man seinen eigenen Weg finden.
Wir haben mit den ersten 3 Therapieformen sehr gute Erfahrungen gemacht und kommen bisher ohne Korsett aus (allerdings ist meine Tochter jünger und ihre Skoliose zwar in der Korsettindikation (gewesen?!), aber nicht so stark wie bei Deiner Tochter). Dazu haben wir seit kurzem podoätiologische Einlagen, die aktiv Einfluss auf die Muskelketten nehmen und somit auch auf die Skoliose wirken.
Natürlich habt ihr nicht so viel Zeit und Spielraum wie wir zum Ausprobieren, das macht die ganze Sache schwieriger. Zudem muss man einen guten Therapeuten finden und auch teilweise (Dorn und Popp) 2x in der Woche mindestens anwenden (ich mache einen Teil der Therapien sogar selber, ich habe sie extra für meine Tochter erlernt), Osteopathie nehmen wir alle 3-4 Wochen in Anspruch.
Das ist viel Aufwand und, je nach dem wie und ob man versichert ist, auch viel Geld. Aber wie gesagt, die OP wäre für uns persönlich die allerletzte Option. Sie ist ja kein Pappenstiel und es zeichnet sich zudem ab, dass sich mit der Zeit ober- und unterhalb der versteiften Wirbel verstärkt degenerative Veränderungen zeigen können.

Die Reha in Bad Sobernheim wird aber sicher auch noch einmal einiges bringen. Das wünsche ich euch auf alle Fälle!!

Liebe Grüße,
Lilly

[Dr. Steffan]

Ich würde gerne das Thema aufgreifen um ein paar grundlegende Dinge zur Korsettversorgung und der möglichen Korrektur sagen. Zunächst einmal, eine pauschale Aussage wie viel ein Korsett korrigieren muß oder soll gibt es nicht, allenfalls eine grobe Richtung. Wenn ich eine „Standard“ (sorry für den Begriff) Skoliose, einen Standard Patienten mit einer Standard Flexibilität, Motivation und Tragezeit habe kann ich altersabhängig schon eine Aussage treffen was ich von einem Korsett erwarte. Bei Abweichungen, und die sind leider Standard , wird es kompliziert bis unmöglich. Abgesehen davon kommt es natürlich auch immer darauf an was ich als Arzt gerade erreichen will. Gutes Rö-Bild, gute Tragedauer, geringe psychische Belastung uvm. sind Parameter die es zu berücksichtigen gilt. Zumindest von mir kann ich sagen, dass ich versuche individuell auf meine Patienten einzugehen. Ich halte nichts von der Einstellung „Friß oder stirb“. Wenn ich einen Patienten habe der Schmerzen oder Probleme mit der Tragezeit hat bekommt von mir der Orthopädietechniker die Anweisung etwas weniger Druck in das Korsett zu bringen. Die Folge ist natürlich eine geringere Korrektur. Hat sich der Patient daran gewöhnt kann ich den Druck der Pelotten langsam steigern. Damit habe ich in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Pat. tragen das Korsett länger und die Korrekturen sind dann letztendlich auch gut. So gibt es viele weitere Möglichkeiten einer Korsettversorgung, jede für sich individuell. Der Ehrgeiz unbedingt 50% Korrektur zu erreichen ist in den meisten Fällen eher kontraproduktiv und hilft letztendlich niemandem. Denn was nutz es ein schickes Rö-Bild mit toller Korrektur vorweisen zu können, habe aber einen Patienten der das Korsett außer zum Rö. nie wieder anzieht. Oder er wird gezwungen es anzuziehen und zerbricht innerlich daran. Dann habe ich zwar einen geraden Erwachsenen der jedoch in der Seele krumm ist.
Kurz und knapp wollte ich eigentlich nur sagen, dass jede Versorgung, jeder Patient individuell zu sehen ist und es meine Aufgabe als Skoliosespezialist ist das Best mögliche herauszuholen. Wenn es so einfach wäre bräuchten wir ja auch keine Spezialisten sondern könnten einfach ein paar Werte in den PC eingeben und heraus kommt ein Therapiekonzept und das Korsett gleich hinterher.
Und für manche Patienten ist es auch bei noch akzeptablen Krümmungswinkeln besser man geht den Weg der Op als das man den Patienten jahrelang mit Dingen quält die er für sich ablehnt. Aber auch das ist meine Aufgabe es zu vermitteln, zu empfehlen und die alternativen Möglichkeiten aufzuzeigen.

[SisTa]

Hallo Herr Dr. Steffan,

von den Schmerzen mit wie ohne Korsett hat die TE im Eingangspost leider noch nichts erwähnt.
Insofern muss man sich natürlich langsam an die individuell mögliche Korrektur herantasten.