Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Schreibe deinen Erfahrungsbericht zur Skoliose, Schmerzbekämpfung etc. oder tausche Erfahrungen mit Leidensgenossen aus
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ClarasMama
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Diagnose: Tochter (15): juvenile idiopathische rechtskonvexe Thorakolumbalskoliose von 62° nach Cobb mit linkskonvexer lumbaler Gegenkrümmung von 48° nach Cobb. Rippenbuckel
Therapie: KG nach Schroth, Korsett von CCTec seit Aug. 11,
6 Wochen Reha in Bad Sobernheim (Mai/Juni 2012)
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Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von ClarasMama »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe lange nichts mehr geschrieben, aber immer wieder mal hier im Forum vorbeigeschaut und quergelesen. Ich möchte deshalb zuerst einmal allen Admins und Moderatoren ein großes Lob aussprechen, wie gut strukturiert hier alles abläuft und wie ihr immer wieder die richtigen Worte findet, auch wenn bei manchen Teilnehmern ab und zu mal die Emotionen durchgehen, wenn die Ansichten und Meinungen zu verschieden sind. :)

Jetzt möchte ich auch mal wieder einen Beitrag leisten und berichten, wie es uns seit der Diagnosestellung "Skoliose" im März 2011 ergangen ist:

Februar 2011: Mama stellt fest, dass ihr Kind auf der rechten Seite von Rücken/Schulter einen seltsamen "Buckel" hat.
März 2011: Termin beim "ortsnahen" Orthopäden. Der ist sich nicht so ganz sicher, womit er es hier zu tun hat und überweist zur weiteren Untersuchung an das Klinikum Ingolstadt, wo wir tatsächlich schon Ende März einen Termin bekommen. Dort wird dann auch die richtige Diagnose "idiopathische juvenile Skoliose" gestellt und die Behandlung mittels Korsett erklärt. Da die Skoliose schon sehr ausgeprägt ist, empfiehlt uns der Ingolstädter Professor aber noch dringend einen Termin in einer Skoliose-Spezialklinik, d.h. in diesem Fall die Uniklinik in Münster/Westf., wo er die verantwortliche Professorin/Abteilungsleiterin persönlich kennt.
Durch Fürsprache des Ingolstädter Professors bekommen wir tatsächlich schon Mitte April 2011 einen Termin in der Skoliose-Sprechstunde in Münster, ansonsten hätten wir bis Ende Juni warten müssen. Nach ca. 3 Stunden Wartezeit wurden wir dann in die Sprechstunde geführt, wo uns allerdings nicht die versprochene Expertin/Professorin in Empfang nimmt, sondern ein offensichtlich noch recht unerfahrener Assistent, der - zunächst unter Aufsicht eines anderen Arztes - mein Kind untersucht und uns dann im Großen und Ganzen noch einmal das Gleiche erklärt (= Korsettbehandlung) wie der Professor in Ingolstadt. Ich wage es dann doch, darauf hinzuweisen, dass Clara doch eigentlich von Frau Prof. B. untersucht werden sollte und wir deshalb immerhin gut 600 km angereist seien. Der Name des Ingolstädter Professors ist auch hier wiederum hilfreich und Frau Professor erscheint nach einiger Wartezeit. Sie untersucht Clara kurz und schickt uns dann erstmal zum Röntgen. Als die (wirklich professionellen!) Aufnahmen dann vorliegen, kommt der große Schock für uns. Frau Professor erklärt uns, dass wir es bei diesen Werten mit einem Korsett erst gar nicht versuchen brauchen, sondern nur noch eine OP in Frage kommt. Geschockt und mit einem OP-Vormerkungszettel sowie einem vorläufigen OP-Termin in der Hand verlassen wir die Klinik.
Daraufhin fange ich dann an, mich erst einmal im Internet zum Thema Skoliose zu informieren und finde glücklicherweise auch dieses Forum hier :lach:
. Nachdem ich hier so einiges gelesen habe, habe ich mich dann erst einmal entschlossen, den OP Termin wieder abzusagen und Clara wenigstens zuerst noch in Bad Sobernheim vorzustellen. Leider mussten wir bis Ende August 2011 warten, bis wir dort einen ersten Termin bekommen haben. Die "Therapie" in diesen Monaten bestand aus einmal die Woche Krankengymnastik, die der hiesige Orthopäde verordnet hat. Herr Dr. Steffan hat sich Clara und die Röntgenaufnahme angesehen, bedenklich den Kopf geschüttelt und meinte dann aber doch, dass wir es mit einem Korsett versuchen könnten. Die Krümmungsgrade seien zwar schon sehr grenzwertig, aber Clara insgesamt noch sehr beweglich und wenn sie das Korsett diszipliniert tragen würde, bestände durchaus noch Hoffnung auf eine Besserung. Er empfahl uns ein Korsett von CCTec, da a) Firma gleich im Hause und b) die Korsetts von Rahmouni gerade bei hohen Krümmungsgraden sehr schwer zu tragen seien und zu einer hohen Abbrecher-Quote führen würden. Mir war es recht, dann musste ich nicht auch noch einen Termin in Stuttgart ausmachen und wir konnten endlich zeitnah mit einer "wirklichen" Therapie beginnen. Zum Glück machte auch die Krankenkasse keine Probleme und rund eine Woche später machten wir uns wieder auf den weiten Weg nach Sobi um das Korsett in Empfang zu nehmen.
Die Eingewöhnungszeit war ziemlich hart, aber irgendwann schaffte es Clara dann doch nach einiger Zeit mit dem Korsett auch durchzuschlafen. Nur in die Schule wollte sie es nicht anziehen, und auch tagsüber gab es immer wieder Diskussionen, Erpressungs- und Bestechungsversuche meinerseits um die Tragezeit zu erhöhen. So richtig erfolgreich war ich damit leider nie. Obwohl wir also von der geforderten Tragezeit von täglich 23 Std. weit entfernt waren, ergab die erste Kontrolluntersuchung in Sobi im Oktober dann schon eine deutliche Verbesserung der Krümmungsgrade (sowohl auf dem Röntgenbild als auch mit bloßem Auge auf den Fotos von CCTec) gut zu erkennen. Wir hatten endlich auch eine kompetente Schroth-Therapeutin in unserer Nähe gefunden, Sprossenwand, Spiegel und alles Nötige für die Schroth-Therapie zuhause war mittlerweile auch vorhanden - nur leider fehlte die Einsicht und der Wille bei meinem Kind, die Möglichkeiten auch zu nutzen. Mein nächstes Ziel war dann eine Reha in Sobi, weil ich dachte, nach 6 Wochen mit täglichen Übungen und dem Erfahrungsaustausch mit Leidensgenossen würde Clara gar nicht mehr anders können, als sich mit dem Kampf gegen ihre Skoliose intensiv zu befassen. Nachdem unser hiesiger Orthopäde eine Reha als völlig sinnlos und überflüssig bezeichnet hatte, fand ich glücklicherweise die nötige Unterstützung bei meiner Hausärztin, die mir bei meinem Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung sehr geholfen hat. Der Antrag wurde dann auch ziemlich zeitnah bewilligt und einen Termin in Sobernheim haben wir für Mai/Juni 2012 bekommen.
Clara hat ihre 6 Wochen Reha dann auch brav absolviert, bekam dort auch wieder ein neues Korsett, da das erste zu klein geworden war und es hat ihr durchaus gefallen. Sie würde gerne auch dieses Jahr (wenn auch nur noch für 3 Wochen, damit nicht wieder soviel Schule versäumt wird) noch einmal hingehen. Nur hat sich leider an ihrer grundsätzlichen Haltung gar nichts geändert. Sie trägt das Korsett mittlerweile ausschließlich nachts beim Schlafen, geht gerne einmal die Woche zu ihrer Schroth-Therapeutin - und das war's.
Also kam was kommen musste - die letzte Kontrolluntersuchung (im Dezember 2012) in Sobi ergab wieder eine Verschlechterung ihrer Werte. Herr Dr. Steffan empfahl ihr, über die Feiertage gut nachzudenken und wenn sie ihr Verhalten nicht ändern möchte, sollten wir am besten gleich einen OP-Termin ausmachen "je früher desto besser". Bei CCTec wurde dann am gleichen Tag noch das Korsett etwas korrigiert und angepasst und auch die Herren dort gaben sich alle Mühe, das Kind von der Notwendigkeit der Behandlung zu überzeugen, aber leider vergebens.
Seit wir von Sobi wieder zurück sind (also mittlerweile seit gut 6 Wochen) weigert sich mein Kind über die Themen "Skoliose", "Korsett" und "Operation" überhaupt nur ein Wort zu sprechen. Weder mein Mann, ich, Oma, Opa, Tante, Therapeutin oder sonstwer können ihr eine andere Reaktion entlocken als Ohren zuhalten, aus dem Zimmer gehen, Thema wechseln etc.
Tja, und so stehe ich also nach 2 Jahren da und bin irgendwie wieder beim Anfang angelangt. Ich sehe eigentlich keinen Sinn mehr darin, nochmal einen Reha-Antrag zu stellen oder mir alle 6 Wochen irgendwo noch ein Rezept für Krankengymnastik "außerhalb des Regelfalls" zu erkämpfen oder das nächste Korsett anpassen zu lassen, wenn es dann sowieso nicht (ausreichend) getragen wird. Ich denke mir, dieses Budget sollten dann lieber Leute bekommen, die wirklich therapiewillig sind. Oder sehe ich das falsch und erwarte von einer 14jährigen (nächsten Monat immerhin schon 15 ;-)) zuviel Einsicht? Da sie sich konsequent weigert mit uns darüber zu reden, weiß ich leider nicht, was sie sich eigentlich denkt oder erhofft.
Na ja, nun habe ich doch einen ganzen Roman verfasst. Respekt an alle, die sich die Mühe gemacht haben, das alles bis zum Ende durchzulesen ;)
Ich wollte eigentlich noch ein paar Themen ansprechen (OP, apifix u.a.) aber das mache ich lieber ein anderes Mal und dann gleich unter den entsprechenden (hoffentlich richtigen) Threads.

Liebe Grüße,
Beate
robinho
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von robinho »

Ich finde du machst das sehr gut. Irgendwann kommt dann schon die Einsicht. Ich würde an deiner Stelle trotzdem immer wieder das Thema anschneiden, also 1x im Monat oder so.
Sylviebxl
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von Sylviebxl »

Hallo Beate,
mein Skoliose-geplagter Sohn ist noch recht jung (erst 8), da sind die Compliance-Probleme kleiner. Dafür hat er einige andere Baustellen und wir müssen immer wieder etwas gegen seinen Willen durchsetzen. Der andere Sohn ist aber auch schon 14 und ich verstehe Dein Problem.

Kannst Du solange warten wie es Robinho Vorschlag voraussetzt?
Ansonsten sehe ich da 3 Möglichkeiten, wobei die 2 ersten Dir wahrscheinlich zu radikal erscheinen werden, aber ich finde sie real:
1) Du lässt das Ganze sein, weder Korsett noch OP, es ist Ihr Leben, das sie verpfuscht, sie wird es zwar höchstwahrscheinlich irgendwann bereuen, aber das ist dann Ihr Problem.
2) Du erzwingst das Korsett-Tragen viel radikaler. Es wird bestimmt ein Kampf geben aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr gar keine Druckmittel habt (IPOD/Computer/etc. kommen weg, Termine mit Freundinnen werden gestrichten solange nicht wenigstens konsequent außerhalb der Schule das Korsett getragen wird) und zur Unterstützung bereitest Du sie auf die OP vor aber so, daß sie ein Schreck davor bekommt (legst ihr die schlimmsten Bilder und Berichte vor, damit ihr bewußt wird, welches Risiko sie damit eingeht).
3) Du bereitest sie positiv auf die OP vor und hoffst, daß das wirklich die beste Entscheidung für sie ist.
Sie schämt sich ja wahrscheinlich, in der Schule mit einem Korsett zu erscheinen und man müsste ihr diese Angst nehmen, aber wie? Weiß ihre beste Freundin zumindest davon oder nicht mal sie?
Ich wünsche Dir auf jedem Fall viel Glück!
LG
Sylvie
Sylvie, Mutter eines 11-jährigen Sohnes mit unbekannter neuromuskulärer Grunderkrankung, Skoliose, operierten Klumpfüssen und einiges mehr
Unsere Vorstellung: http://www.skoliose-info-forum.de/viewtopic.php?t=14237
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von mamsi71 »

Hallo Beate, :D
danke für deinen wirklich interessanten Erfahrungsbericht. Ich kann mich da nur anschliessen. Meine Tochter (12) hat seit 3 Jahren die Diagnose und seit Oktober 2011 ein Korsett. Einmal die Woche macht sie KG unter Anleitung und leider nur ab und zu zuhause. Obwohl sie in letzter Zeit viel gewachsen ist hat sich die Krümmung nicht verschlechert, was die Ärzte auch als Sieg sehen. Sie war auch vor einem Jahr in Bad Sobernheim zur Reha. Sie trägt das Korsett eher missmutig und gerade jetzt in der "heissen" Phase der Pubertät gibt es immer wieder Diskussionen wegen der Tragezeit. In der Schule hat sie es auch nur manchmal an, es gibt immer wieder Ausreden ....Sie hat es aber damals vor der Klasse erklärt dass sie Skoliose hat und dass sie eben so ein "Ding" trägt...manche waren auch sehr interessiert und wollten es auch anschauen und anfassen...mittlerweile ist es halt so, es sagt keiner mehr was und sie haben es alle super akzeptiert. In der Reha hat sie viel gelernt, vor allem hat sie gelernt dass sie auch enge Sachen drüberzieht - egal wenn man das Korsett sieht - und sie war auch motiviert wegen KG zuhause etc..heuer wollte sie wieder dorthin aber der Arzt hat eiskalt gesagt, wenn sie zuhause nicht mehr macht dann bringen auch die 4 Wochen dort nichts..sie soll es mehr im Alltag integrieren...

Manchmal würde ich auch alles hinschmeissen, immer dieses Hinreden und Zureden ....sie zählt die Stunden und lügt sich dabei selbst an...je mehr sie es trägt desto besser ist es auch..aber sie hat auch schon Angst dass ihr Rücken noch schiefer wird...es bleibt schwierig!
Ich wünsche Dir viel Kraft und Durchhaltevermögen!!!

Liebe Grüße aus Bayern
Mamsi71
kiki68
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von kiki68 »

hallo Beate

auch ich bin Mutter einer "Skoliose-Tochter", die aber noch nicht in der Pubertät ist. Dein Bericht ist absolut klasse, wenn der Inhalt für euch auch sicherlich nicht so gut ist.
Wie wäre denn der Versuch, deine Tochter zu einem ganz ausführlichen und ehrlichen Gespräch zu bitten (notfalls auch zu zwingen) und vorab schon ankündigt, dass ihr sie nach diesem Gespräch für eine längere Zeit mit diesem Thema in Ruhe lasst. In diesem Gespräch ihr in schonungsloser Offenheit erklären, was sie jetzt machen muss um später die Konsequenzen zu minimieren. Ihr auch ganz klar zu verstehen geben, dass ausschließlich sie für ihre Gesundheit verantwortlich ist und ihr sie nur auf dem Weg begleiten könnt. Vielleicht zieht ja das Argument, dass ihr aktuelles verweigern dazu führt, dass ihr Rücken sich in naher Zukunft optisch sehr verschlechtern wird und es dann überhaupt nicht mehr schön aussehen wird. Vielleicht hilft ja diese kosmetische Argumentation.
ich wünsche euch allen viel Erfolg bei diesem schweren Weg zwischen Vernunft annehmen und völlig nachvollziehbarem Bockigkeiten zu diesem Thema.
ClarasMama
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von ClarasMama »

Vielen lieben Dank für eure Kommentare und Tips.
Ich überlege mir ständig, was ich noch versuchen könnte, um mein Kind zu mehr Einsicht zu bewegen, aber irgendwie drehe ich mich immer im Kreis.
Das System mit Bestrafung (z.B. der Entzug von Laptop und Fernsehen) oder Belohnung (wenn du dein Korsett xx Stunden trägst, bekommst du xy (Kinobesuch, neues PC Spiel, neue Klamotten, ...)) haben wir auch schon versucht und es funktioniert, zumindest für eine gewisse Zeit. Aber lange kann man das m.E. nicht durchhalten, bestimmt nicht über Jahre. Bestrafung bringt schlechte Stimmung für die ganze Familie ("jetzt ist das Kind schon krank und wird dann auch noch zusätzlich bestraft"). Und Belohnung nutzt sich auch irgendwann ab. Man kann sein Kind nicht ständig mit irgendwelchen materiellen Dingen zuschütten. Erstens geht das in der Regel schon aus rein finanziellen Gründen nicht und zweitens führt das schnell zu Protesten der anderen Geschwister, die nichts bekommen. Das Argument "dafür seid ihr ja auch gesund" zählt bei Kindern noch nicht wirklich ... :/

Was ich bräuchte, wäre ein Hypnotiseur, der dem Kind die tiefe innere Erkenntnis einredet, dass es sich nur im Korsett wohlfühlt und nur einschlafen kann, wenn es seine täglichen Übungen gemacht hat. (Und wenn wir schon dabei sind, kann er mir dann noch gleich einreden, dass ich aufhören soll ständig zu naschen, weil ich sonst nie meine 5 kg Übergewicht loswerde :lach: ). Na ja, man wird ja noch träumen dürfen :ja:

Aber was ich auf jeden Fall noch versuchen werde, ist ein Gespräch mit ihr zu erzwingen, wie kiki68 vorgeschlagen hat. Freiwillig will sie ja nicht über das Thema reden. Über alles andere redet sie ja durchaus mit uns, nur bei dem Thema Skoliose gehen alle Klappen zu. Ich glaube aber nicht, dass sie sich dafür schämt. Sie hatte nie ein Problem, ihr Korsett mit auf Klassenfahrt, Besinnungstage, London-Reise o.ä. mitzunehmen. Aber auch da hatte sie es eben nur über Nacht an. Es gibt sogar an ihrer Schule in ihrer Jahrgangsstufe ein Mädchen, das ebenfalls Korsett trägt und die zwei verstehen sich sogar ganz gut, aber trotzdem ...
Wie ich das mit dem Gespräch hinbekomme weiß ich noch nicht ... bei "Navy CIS" steigen die immer in den Aufzug und drücken auf "Nothalt" wenn sie was zu bereden haben ... aber in unserem Haus gibt es keinen Aufzug ... :nixweiss:

Eine Zeitlang habe ich mich ja auch schon mit dem Gedanken getröstet - nur noch 3 Jahre, dann ist sie volljährig und kann selber entscheiden, ob sie sich operieren lassen will. Hurra und schon bin ich die Verantwortung los ... aber ich fürchte so leicht ist es dann doch nicht. Vor allem Dr. Steffan hat mir ins Gewissen geredet und gesagt, wenn schon OP dann so früh wie möglich.
Wohingegen meine Hausärztin und unsere Physiotherapeutin das Gegenteil sagen: "frühestens mit 18 operieren, eher später". Ich weiß auch nicht, wem ich hier glauben kann. Jeder hat wahrscheinlich gute Argumente für seine Behauptung (leider habe ich vergessen, Herrn Dr. Steffan nach seinen zu fragen) und auch hier im Forum konnte ich nichts Eindeutiges zum Thema "bestes OP-Alter" finden. Und wenn ich dann wieder das Beispiel von Dalia sehe - so hohe Werte, keine OP und trotzdem kaum Beschwerden ... neige ich noch mehr zu "Abwarten und Teetrinken".

Nun ja, jetzt habe ich schon wieder einen halben Roman geschrieben. Irgendwann muss ich mal lernen mich kürzer zu fassen :)

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende!

Beate
Agrimon
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von Agrimon »

Hallo Beate,

ich kann deine Probleme gut nachvollziehen, da ich selber auch Skoliose habe. Nur ich habe den Vorteil, dass sich meine Skoliose nicht sehr verschlechtert und 4 bogig ist. Anscheinend hat deine Tochter noch keine Schmerzen, sonst würde sie das Thema nicht ausblenden. Irgendwann stellen sich aber Schmerzen und Bewegungseinschränkungen ein und als Erwachsene noch ein Korsett zu bekommen ist weitaus schwieriger als wie als Jugendlicher. Auch wenn deine Tochter jetzt die Skoliose verdrängt, irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo sie genau dieses Thema wieder einholt. Sie wird sich den Rest ihres Lebens mit der Skoliose auseinander setzen müssen, da diese nicht heilbar ist. Ich trage auch seit 5 Monaten wieder ein Korsett, aber ich habe lange auf mein Korsett warten müssen, da meine alte Krankenkasse sich geweigert hat, das zu bezahlen. Erst wie ich die Kasse gewechselt habe, hat die Kasse das doch noch genehmigt.

Das mit dem kosmetischen Argument finde ich auch eine gute Idee. Wer will schon vor seinen Klassenkameraden bloßgestellt werden, nur weil diejenige einen krummen Rücken hat. Versuch nochmal mit deiner Tochter in aller Ruhe über dieses Thema zu reden. Irgendwann kommt schon die Einsicht, dass sie selbst etwas tun muss.

Gruß Agrimon
bin eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und noch Interesse für andere Dinge hat

Meine Skoliose-Geschichte: Meine Skoliose
robinho
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von robinho »

Zu dem OP-Alter: Also da habe ich in den Jahren immer einheitliche Meinungen von den Experten gehört und gelesen: Wenn OP, dann so früh wie möglich.
marieschen
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von marieschen »

Hallo Beate,

ich kann eure jetztige Situation gut nachvollziehen... Nur das ich eben auf der Seite deiner Tochter stand. Bei uns gab es auch ständug Dikussionen, ich solle mein Korsett anziehen, meine Eltern haben ständig auf mich eingeredet. Mir irgendwelche Geschichten von Leuten die operiert werden mussten, weil sie so Schmerzen hatten. Ich glaube sie haben so fast alles ausprobiert und mir war alles egal. Ich wollte von dem ganzen Thema Skoliose nichts hören und wissen, eben ein ganz normaler Jugendlicher sein, meinen Sport machen und anziehen können was ich wollte. Dazu kam dann noch das Problem, dass ich aufgrund des Korsettes in meiner Klasse gemieden teilweise sogar gemobbt wurde. Das hat die ganze Angelegenheit natürlich nicht leichter gemacht :/
Irgendwann haben meine Eltern es einfach sein lassen und mich so machen lassen wie ich wollte. Musste mir dann immer alles von meiner Orthopädin anhören. Ich weiß nicht warum, aber irgendwann kam bei mir der Wandel und ich fing an mich mit dem Thema Skoliose auseinander zu setzten und meine Therapie wieder vernünftig fortzusetzten. Zudem fing mich mein optisches Bild immer mehr an zu stören, als blieb mir nur die Wahl Korsett und Schroth oder eben OP(die ich auf keinen Fall wollte).
Heute trage ich immer noch ein Korsett, aber mittlerweile viel selbstbewusster und mich stört es kaum noch. Zur Motivation mache ich regelmäßig Fotos von meinem Rücken um die Verbesserung zu sehen :) Und eben auch die Kommentare von Freunden, dass mein Rücken gerader aussehe motivieren mich damit weiter zu machen. Früher hätte mich das wohl auch eher kalt gelassen, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, hätte ich doch wohl einiges anders gemacht. Ich drücke dir und deiner Tochter die Daumen, dass es alles gut geht und sie sich später keine Vorwürfe machen muss warum sie nicht früher schon mehr gemacht hat!

Liebe Grüße
Marieschen
ClarasMama
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Re: Erfahrungsbericht - 2 Jahre als "Skoliose-Mutter"

Beitrag von ClarasMama »

Liebe Marieschen,

vielen Dank für deinen Beitrag. (Meine Antwort kommt leider ziemlich spät, aber wir haben zuhause renoviert und ich habe es ein paar Tage nicht mehr an den PC geschafft).
Es ist schön, auch mal "die andere Seite" zu hören. Ich kann mir schon denken, dass es absolut nervt, wenn man ständig von allen Seiten Ermahnungen zu hören bekommt.
Wir haben auch schon versucht, "das Thema" mal eine Weile ruhen zu lassen, aber irgendwie kommt dann doch immer wieder eine Bemerkung von der einen oder anderen Seite. Ich hätte ja auch nicht sooo das Problem damit, wenn ich mir dann nicht wieder meinerseits die Ermahnungen der Ärzte anhören müsste, dass die Zeit drängt und wir jetzt endlich handeln sollen (= entweder das Kind zu einer konsequenten Therapie zwingen oder aber sofort operieren lassen).
Und da man ja als Mutter immer nur das Beste für sein Kind will, meldet sich dann wieder das schlechte Gewissen, dass das "Schleifen-lassen" dem Kind wahrscheinlich doch nur schadet, das Kind eben doch noch zu jung und zu dumm ist, für sich selber zu entscheiden und alle Konsequenzen dabei zu überblicken (egal wie viele Leute einem das Gleiche erzählen - ich habe mich in dem Alter auch für schlauer als die meisten Erwachsenen gehalten ;-)), und schon geht es mit den Ermahnungen wieder los.
Ich kann also nur hoffen, dass bei Clara auch irgendwann einmal die Einsicht und der Wille vorhanden sind, die Skoliose aktiv anzugehen. Und dass es dann nicht schon zu spät für einen reellen Erfolg ist.

Liebe Grüße,
Beate
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