Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Fragen und Antworten rund um das Thema Skoliose
Antworten
SM030298
Newbie
Newbie
Beiträge: 8
Registriert: So, 10.01.2021 - 17:37
Geschlecht: weiblich
Diagnose: Hochgradige kombinierte Skoliose Typ Lenke 3c

Bikonvexe Skoliose der BWS und LWS: Rechtskonvexe BWS Skoliose von 91 Grad, Linkskonvexe LWS Skoliose von 80 Grad.
Rippenbuckel von 17 Grad.
Therapie: Versteifung der Wirbelsäule von TH4 bis L3,
Restkrümmung von: BWS: 33,9 Grad, LWS: 33,7 Grad

Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von SM030298 »

Hallo ihr lieben,

Ich hätte mal eine Frage an euch die ich mir in letzter Zeit gestellt habe.

Erstmal zu meiner Situation:
Ich bin 21 Jahre alt.
Ich wurde im April 2015 aufgrund einer Bikonvexen Skoliose der BWS und LWS: Rechtskonvexe BWS Skoliose von 91 Grad, Linkskonvexe LWS Skoliose von 80 Grad.
Rippenbuckel von 17 Grad operiert.
Das Ergebnis war eine Versteifung der Wirbelsäule von TH4 bis L3,
Restkrümmung von: BWS: 33,9 Grad, LWS: 33,7 Grad.
Seit 2017 habe ich einen Schwerbehindertenausweis von 50% ohne Merkzeichen

Ich muss sagen im Vergleich zu vor der OP sind die Schmerzen natürlich besser doch in beruflicher Sicht geht es bei mir durch das ganze nicht weiter. Ich habe 2018 eine Ausbildung zur Maßschneiderin begonnen gehabt. Dort habe ich 8 Std am Tag Genäht und alles was dazu gehört. Diese Ausbildung habe ich aufgrund von Schmerzen abgebrochen. Dann hatte ich ab Novemver 2019 in einer Bäckerei gearbeitet. Zunächst auf Minijobbasis dann Teilzeit mit 100 Std im Monat. Auch hier hatte ich nach meinen Schichten fast immer Starke Rückenschmerzen und lag den restlichen Tag nurnoch im Bett weil Sitzen unangenhem war. Ich hatte auch dort während der Arbeit auch mal Zeit zum sitzen. Dort habe ich dann aufgehört da ich eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten bekommen habe. Ich will garnicht erst anfangen wie es mir geht, die Busfahrt nach Hause über lag ich schon fast auf den Sitzen vor Schmerzen. War auch oft krank geschrieben deswegen und habe diese Ausbildung dann dieses Jahr abgebrochen. Nun bin ich seit Februar in einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Dort sitzt man den ganzen Tag und löst Aufgaben in verschiedenen Fächern. Nur die Pausen geben einem mal Zeit wenigstens ein wenig aufzustehen. Ich habe dort aber schon schnell gemerkt dass ich das nicht schaffe so lang zu sitzen.
Durch langes sitzen am Stück bekomme ich starke Schmerzen an dem verbliebenen Rippenbuckel und im unteren LW Bereich in den Wirbeln die nicht versteift sind.
Also hat man sich dort geeinigt dass ich den halben Tag dort vor Ort Unterricht mache und den Rest des Unterrichts zu Hause wo ich dann meistens zwischendrin liege.
Nun wurde dann ein Amtsätztliches Gutachten angefertigt. Ich muss dazu sagen ich wurde dort nicht vorgeladen und nicht untersucht sondern das ganze lief nur über meine Unterlagen zu der Operation. Wieso weiß ich nicht. Darin wurde ich als voll Arbeitsfähig eingestuft (also 6 Stunden pro Tag oder mehr). Es wurde angegeben dass die Arbeit in wechselnder Tätigkeit sein sollte (Sitzen, gehen stehen) und dass die körperliche Arbeitsschwere leichte bis mittelschwere Arbeit sein könnte. Ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen (zumal ich in verschiedenen Arten von Tätigkeiten aktiv war) dass ich das vollzeit nicht schaffe. Es ist in meinen Augen nicht sinn des Arbeitens und einer Ausbildung wenn man nach der Schicht nichts mehr im Haushalt schafft und sich kein Essen kocht weil man vor Schmerzen kaum sitzen kann.

Nun hat mein Freund mich gefragt ob ich nicht Erwerbsminderungsrente oder Erwerbsunfähigkeitsrente beantragen kann. Ich selber hatte auch darüber nachgedacht, kenne mich aber garnicht damit aus.

Wie sieht das aus? Hat man mit diesem Krankheitsbild die Möglichkeit wenigstens als Erwerbsgemindert eingestuft zu werden?

Vielen Dank im Vorraus für die Antworten und ein schönes Wochenende
Lady S
Profi
Profi
Beiträge: 1561
Registriert: Mo, 10.06.2002 - 00:00
Geschlecht: weiblich
Diagnose: idiopathische Adoleszenzskoliose
lumbal 64°, thorakal 56°
Therapie: Seit 2003 Schroth-KG, 3 Rehas in Bad Salzungen.
Wohnort: Nähe Stuttgart

Re: Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von Lady S »

Ich glaube, die Hürden für Erwerbsminderungsrente sind recht hoch.
Hier kannst Du mal nachlesen: https://www.deutsche-rentenversicherung ... _node.html

Die Frage ist aber auch, ob Du Dich wirklich mit 21 Jahren darauf festlegen willst, den Rest Deines Lebens mit einer kleinen Rente zu bestreiten.
"Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme" klingt nach Agentur für Arbeit. Theoretisch solltest Du dort bei der Auswahl eines geeigneten Berufs beraten und unterstützt werden. Fordere das ein! Oder lass Dich anderweitig beraten; der VDK soll z.B. eine gute Adresse sein.

Und noch was:
SM030298 hat geschrieben: So, 05.09.2021 - 00:52 Dort sitzt man den ganzen Tag und löst Aufgaben in verschiedenen Fächern.
Sitzen steht und fällt mit dem geeigneten Sitzmöbel. Möglicherweise könntest Du auf einem (für Dich!) passenden Stuhl problemlos länger sitzen.
Kümmere Dich darum und lass Dich beraten.

Was sagen überhaupt Dein Orthopäde und Dein Physiotherapeut zu der ganzen Sache? Ich hoffe doch, Du bist in Behandlung?
Grüsse, Lady S
Malve
Newbie
Newbie
Beiträge: 41
Registriert: Do, 17.01.2019 - 13:53
Geschlecht: weiblich
Diagnose: kongenitale Skoliose Block- und Keilwirbel BWS
1.OP 1972 Versteifung BWS mit Harringtondistraktionstab,
1980 Entfernung des Stabes.
vor OP BWS 105°,nach OP BWS 90°, LWS 30°
Therapie: keine, austherapiert

Re: Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von Malve »

Hallo,

wichtigste Voraussetzung für eine Rente ist, dass du einige Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hast, wieviel weiß ich nicht genau und auch dann ist es sehr schwer eine Erwerbsminderungsrente zu bekommen.
Das sollte auch nicht dein Thema sein. Was machst du gegen die Schmerzen? Warst du schon mal bei einem Schmerztherapeuten, in einer Schmerzklinik? Mir hilft viel Bewegung und Wärmflasche.
Der richtige Stuhl ist auch sehr wichtig, wobei jeder für sich selbst prüfen muss, was am besten geht, jeder Rücken ist anders.
Unternimm etwas gegen die Schmerzen, damit du auch arbeiten kannst, du bist noch viel zu jung....

Gruß
Elisabeth
Benutzeravatar
Raven
Profi
Profi
Beiträge: 1529
Registriert: Fr, 21.01.2011 - 21:33
Geschlecht: weiblich
Diagnose: vor OP: thoralumbale juvenile /adoleszente Skoliose, ca. 55°
Therapie: OP: 1997 mit 13 Jahren Versteifung Th3 - L5 / Hessing-Klinik Augsburg; kaum Restgrade

Re: Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von Raven »

Hallo,

ich wurde selbst operiert (Th3-L5), und vorneweg: Keine der von dir genannten Tätigkeiten könnte ich vernünftig ausüben; ich wundere mich darüber gar nicht:
SM030298 hat geschrieben: So, 05.09.2021 - 00:52 Ausbildung zur Maßschneiderin
[...]
Bäckerei
Zunächst auf Minijobbasis dann Teilzeit mit 100 Std im Monat. Auch hier hatte ich nach meinen Schichten fast immer Starke Rückenschmerzen und lag den restlichen Tag nurnoch im Bett weil Sitzen unangenhem war. Ich hatte auch dort während der Arbeit auch mal Zeit zum sitzen. Dort habe ich dann aufgehört da ich eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten bekommen habe.
[...]
Dort sitzt man den ganzen Tag und löst Aufgaben in verschiedenen Fächern. Nur die Pausen geben einem mal Zeit wenigstens ein wenig aufzustehen.
Was für mich an Tätigkeiten jedoch gut funktioniert:
Wechselnd stehend und sitzend, der Arbeitsplatz unbedingt ergonomisch, (fast) jederzeit die Möglichkeit haben auch mal kurz den Arbeitsplatz zu verlassen und herumzugehen, keine Tätigkeiten bei denen man unbedingt am Platz bleiben muss (gerade Verkauf ist für mich ganz schlecht: man muss am Platz stehe oder sitzen bleiben und muss oft schon auf Toilettenpausen hoffen, Platz oft nur entweder zum Stehen oder Sitzen geeignet aufgrund der Tresenhöhe). Mein Arbeitsplatz/Beruf: Softwareentwickler ohne Kundenkontakt; Ausbildung mit 16 Jahren begonnen, 3 Jahre nach OP. Ergonomischer Schreibtischstuhl und Schreibtisch immer vorhanden. Diese Tätigkeit funktioniert für mich ohne Beschwerden, ohne Ausfallzeiten - Tätigkeiten wie von dir beschrieben (mal in Praktika ausprobiert, mal als Nebenjobs - das war nicht gut) halte ich nicht lange aus.

Auch sowas
Durch langes sitzen am Stück bekomme ich starke Schmerzen an dem verbliebenen Rippenbuckel und im unteren LW Bereich in den Wirbeln die nicht versteift sind.
fällt mir sehr schwer: Lange sitzen auf einfach "irgendwelchen" Stühlen, die in einem Unterrichtsraum etc. herumstehen. In der Schule hatte ich deshalb stets zusätzlich einen Stehtisch, in der Uni bin ich während Vorlesungen oft aufgestanden und am Rand gestanden.
Ich merke den Unterschied deutlich:
* mit ergonomischem Arbeitsplatz: kann in Vollzeit arbeiten (8 - 10 Stunden/Tag) und schaffe auch noch abends etwas (Haushalt, Hobbies)
* einfach "irgendein" Tisch und Stuhl (z.B. Schulungen woanders, Nutzung eines anderen Büros, >30 min. Sitzen im Auto oder im Bus) und, wie oben von dir beschrieben, nur in den Pausen aufstehen: Schmerzen, oft unter dem Vorwand "zur Toilette" zu müssen aufstehen, dauernd versuchen die Körperhaltung zu wechseln was mit Versteifung ziemlich schlecht geht, (starke) Schmerzen im Nacken und im Gesäß
* Tätigkeiten bei denen man überwiegend am Platz bleiben (Verkauf) und dann mal zwischendurch weggeholt wird um körperlich anzupacken (es soll z.B. zwischendurch flott durchgewischt, Ware ausgepackt, etwas in oder aus Autos gehoben werden o.ä. werden): noch schlechter
Es wurde angegeben dass die Arbeit in wechselnder Tätigkeit sein sollte (Sitzen, gehen stehen) und dass die körperliche Arbeitsschwere leichte bis mittelschwere Arbeit sein könnte.
Das klingt mir erstmal allgemein (!) realistisch. Auch in meinen Unterlagen steht das. Es kann sein, dass du auch das nicht schaffst; aber die Möglichkeit besteht, dass durch einen ergonomisch angepassten Arbeitsplatz, Aufstehenkönnen in der Berufsschule etc. mehr für dich machbar wäre (z.B. eine Ausbildung in einem (kaufmännischen oder technischen) Büroberuf und wenigstens Teilzeitarbeit; Ausbildungen können übrigens auch in Teilzeit absolviert werden).
Wie geht es dir zu Hause? Sprich: Womit beschäftigst du dich, wie sitzt oder stehst du (z.B. bei Computerbenutzung, Lesen) und welche Beschwerden hast du dann?


Viele Grüße
Raven
Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen.
OP-Röntgenbilder
Benutzeravatar
uhu
treues Mitglied
treues Mitglied
Beiträge: 276
Registriert: Sa, 04.06.2005 - 11:26
Geschlecht: weiblich
Diagnose: Skoliose
Therapie: OP 1993
Wohnort: in der Pampa

Re: Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von uhu »

Die bisherigen Posts sind alle super. Das wären auch meine Hinweise gewesen.

Ganz wichtig: Arbeitsstühle ausprobieren, ausprobieren und ausprobieren - auch über mehrere Stunden. Laß Dir da nicht reinquatschen, denn Du merkst am besten, was für Dich funktioniert. Auch wenn alle anderen meinen, sie wissen das besser.

Ich habe einen Bürojob auf einem weitläufigen Betriebsgelände mit Treppen und längeren Fußmärschen (das längste Stück sind gut 90 m und wieder zurück!). Dazu ein Einzelbüro, in dem Sportbewegungen weniger auffallen. (Bis auf letzte Woche - ups)

Laß Dich in dieser Bildungsmaßnahme ausführlichst beraten. Vorher sollte für Dich klar sein, was Deine Favoriten, Nicht-toll-aber-akzeptabel und Deine absoluten NoGos sind, denn wenn auch vielleicht verringertem Maß muß doch Freude an der Arbeit dabei sein. Sonst hast Du nach mehreren Jahren im dem Job andere Baustellen. Mache Dir auch eine Liste, was Du körperlich kannst und was nicht. Diese Liste kann über einen längeren Zeitraum entstehen. Schreibe auch ruhig drauf, was Dir im ersten Moment nicht berufsrelevant scheint.

Hast Du schon mal über eine Reha nachgedacht?

Bitte schreibe, wie es Dir weiter ergeht! Danke.
Saphira
Profi
Profi
Beiträge: 1510
Registriert: Mo, 07.06.2010 - 13:49
Geschlecht: weiblich
Diagnose: Skoliose: hochthorakal 15°, thorakolumbal 19°;
Hüftdysplasie bds.
Therapie: "normale" KG; Schroth-Reha in Sobi 04.2011 und 12.2013; seit 11.2013 Korsett von CCtec -> Mitte 2014 wg. Hüft- und Knieproblemen samt OPs abgebrochen

Re: Erwerbsunfähigkeitsrente wegen operierter Skoliose?

Beitrag von Saphira »

Hallo SM030298,

wie bereits meine Vorschreiber*innen erwähnt, ist es nicht so ganz einfach, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Du musst bereits eine gewisse Zeit in die Rentenversicherung einbezahlt haben, um überhaupt Anspruch darauf zu haben. Das fürchte ich, dass dies in deinem Fall nicht gegeben ist. Zudem sollten vor einer Rente erstmal andere Maßnahmen zum Erhalt bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit stehen. Stichwort "Reha vor Rente". Daher wäre schon wichtig, was du bislang gegen deine Schmerzen tust. Bist du in fachärztlicher Behandlung? Machst du Physio oder warst du schonmal in Reha? Bist du schmerztherapeutisch versorgt? Ich denke, da gibt es in deinem Fall noch einiges zu optimieren.

Was für eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist das denn? Ist das eine normale BVB oder eine Reha-BVB? Weil es gibt spezielle berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme für junge Leute mit gesundheitlichen Einschränkungen. Falls du bislang in einer "normalen" BVB sein solltest, sprich mal mit deinem Kostenträger über den Wechsel in eine Reha-BVB. Dort sollte eigentlich auf deine Probleme eingegangen werden können. Z.B. dass man dir ein Stehpult zur Verfügung stellt, damit du immer mal wieder zwischen Sitzen und Stehen wechseln kannst oder verschiedene Stühle ausprobieren etc. Du hast dort in der BVB doch sicherlich regelmäßig Gespräche mit jemandem, der dort für eure Betreuung zuständig ist. Lass dir doch mal einen Termin geben und besprich deine Probleme und versucht gemeinsam, Lösungen zu finden.

Grüßle,

Saphira
Wer immer nur vom großen Glücke träumt, der findet nichts, weil er das kleine Glück versäumt.
Antworten